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Politik: Keine Auskunft zu den Einkünften

SPD-Bundestagsabgeordnete wollen nicht als vollkommen gläserne Mandatsträger dastehen

Es gibt noch Witzbolde in der SPD-Bundestagsfraktion, die sich nicht schrecken lassen von der Debatte über die Schicklichkeit von Nebenerwerbstätigkeiten. „Alle mit Nebeneinkünften raus!“, ruft ein SPD-Abgeordneter zu Beginn der Fraktionsklausur am Donnerstagabend in Leipzig. Aber kaum jemand lacht. Die meisten SPD-Parlamentarier finden die aktuelle Diskussion alles andere als komisch: Man fühlt sich kollektiv an den Pranger gestellt. Der hessische SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Roth zum Beispiel, hat „einfach keine Lust mehr, ständig in Haftung genommen zu werden, weil es einige schwarze Schafe gibt“.

Wie Roth geht es vielen Sozialdemokraten, aber damit hören die Gemeinsamkeiten auch auf. Für die Mehrheit der Genossen kommt nicht in Frage, was Roth und sein Mitstreiter Christian Lange vor der Fraktion verlangen: die völlige Offenlegung der Einkünfte aus Nebentätigkeiten. Das zeigt sich am vergleichsweise verhaltenen Applaus für die Forderungen der beiden jungen Abgeordneten vom reformorientierten Netzwerk – und am stärkeren Beifall für die Gegner des „gläsernen Abgeordneten“. Zu ihnen zählt offenbar auch der Kanzler. Jedenfalls nickt Gerhard Schröder zustimmend, als der parlamentarische Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Gerd Andres, die Vorstellungen von Roth und Lange als wirklichkeitsfremd zurückweist. Völlige Transparenz bei den Einkommen steht auch gar nicht auf der Agenda von SPD-Fraktionschef Franz Müntefering. Er muss Rücksicht nehmen auf die Bedenken vieler in der Fraktion, wonach eine Veröffentlichungspflicht einem faktischen Berufsverbot für Unternehmer oder Rechtsanwälte gleichkommen würde. Diese Gruppe könne ihre Einkünfte schon deshalb nicht offen legen, weil dies für die Wettbewerber Rückschlüsse auf die Geschäftsverhältnisse zulasse, argumentiert etwa der Abgeordnete Reinhold Robbe. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse warnt vor Forderungen nach einem „gläsernen Abgeordneten“.

Müntefering macht vor der Fraktion denn auch deutlich, dass man bei den Beratungen mit CDU/CSU, FDP und Grünen am Dienstag kommender Woche keine weit reichenden Vorschläge für eine strengere und transparentere Regelung von Nebeneinkünften unterbreiten werde. Präzisierungen seien aber an einer Stelle notwendig, sagt er zum Schluss der Klausur. Heimlicher Lobbyismus müsse „klipp und klar“ ausgeschlossen und bestraft werden. Auch über Strafen für Abgeordnete, die Geld ohne Arbeitsleistung annehmen, werde die Fraktionsführung nachdenken, hieß es.

Der SPD-Abgeordnete Jann-Peter Janssen nahm nicht an der Klausur teil. Am Freitagnachmittag zog Janssen die Konsequenz aus der Affäre und legte sein Mandat nieder. Während VW erklärt hatte, Janssens bezahlte Tätigkeit ruhe seit Jahresanfang, hatte dieser behauptet, schon seit 1994 kein Geld mehr zu beziehen.

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