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Frankreichs Präsident François Hollande.

© AFP

Keine Novellierung des Familienrechts: Hollande beugt sich dem Willen des Volkes

Frankreichs Präsident François Hollande begräbt die Pläne für eine neue, liberalere Familienpolitik. Er fürchtet aber nicht nur den Druck der Straße - sondern auch eine Spaltung der Linken.

Frankreichs Regierung verliert den Mut. Nach den Massendemonstrationen gegen ihre Familienpolitik zog sie jetzt überstürzt ein Gesetzesvorhaben zur Novellierung des Familienrechts zurück. Das geplante Projekt, mit dem die rechtliche Situation von Familien der gesellschaftlichen Entwicklung angepasst werden sollte, werde in diesem Jahr nicht mehr vorgelegt werden, erklärte Premierminister Jean-Marc Ayrault. Das Besondere an dieser Entscheidung, die Ayrault mit Präsident François Hollande traf, ist die Tatsache, dass der Text des geplanten Projekts noch längst nicht feststeht und die zwei umstrittensten Punkte, das Recht auf künstliche Befruchtung für lesbische Paare und die Legalisierung von Leihmutterschaften, nach dem Willen der Regierung auch gar nicht enthalten sollte.

"Aufwachen der Reaktionäre"

Gegen diese zwei Punkte hatten am Wochenende in Paris und Lyon Hunderttausende von Franzosen protestiert. Ein rechtskonservatives Bündnis hatte zu den Demonstrationen gegen die „familienfeindliche Politik“ der regierenden Sozialisten aufgerufen. Bereits im vergangenen Jahr hatte das Bündnis, in dem Konservative, katholische Traditionalisten und homophobe Gruppen sowie Antisozialisten zusammengefunden haben, Millionen Menschen auf die Straße gebracht, um gegen die Einführung der Homo-Ehe zu protestieren. Mit den Demonstrationen vom Wochenende wollten sie daran anknüpfen. Weitere Punkte ihres Protestes sind steuerliche Benachteiligungen von Familien sowie die Gendertheorie als Unterrichtsstoff in den Schulen. Die Zeitung „Le Monde“ sprach vom „Aufwachen des reaktionären Frankreich“.

In den Plänen der Regierung war unter anderem vorgesehen, die Stellung von Stiefeltern bei der Erziehung der Kinder ihrer Lebenspartner zu stärken. Familienministerin Dominique Bertinotti hatte dafür plädiert, angesichts der Vielzahl von Familienvarianten die Rechtssicherheit der Familien zu vergrößern.

Fraktion begehrt auf

Bei den Demonstrationen am Wochenende standen dagegen das Recht auf künstliche Befruchtung für Lesben, ein Wahlkampfversprechen, von dem Präsident Hollande heute nichts mehr wissen will, sowie die Legalisierung von Leihmutterschaften im Vordergrund. Diese Rechte werden auch von einem Teil der Linken und dem grünen Koalitionspartner gefordert, wurden aber von der Regierung erneut zurückgewiesen. Innenminister Manuel Valls erklärte, die Regierung werde sich gegen jeden Versuch stemmen, diese Rechte durch Gesetzeszusätze zu verankern. Der Sprecher der sozialistischen Parlamentsfraktion, Thierry Mandon, sagte daraufhin, die Abgeordneten würden sich nichts vorschreiben lassen. Der Rückzieher der Regierung erklärt sich somit nicht nur aus der Angst vor neuen Massendemonstrationen, sondern auch aus der Gefahr einer Spaltung ihres Lagers.

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