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Politik: Kenias langer Weg

Die Wirtschaftsdaten sind gut, der Tourismus boomt, aber das größte Problem bleibt die Korruption

In Kenia hat in dieser Tage ein Aufruf des Landministers Aufruhr ausgelöst. Körperschaften des öffentlichen Rechts könnten sich von Individuen in der Ära Präsident Daniel Arap Mois gestohlenes Land zurückholen. Unter Moi war es gang und gäbe, dass sich mächtige Lokalpolitiker von öffentlichem Grundbesitz einfach ein paar Hektar abzwackten und an Privatpersonen weiterverkauften.

Im so genannten Ndungu-Bericht hat die Regenbogen-Regierung von Mwai Kibaki auflisten lassen, wo öffentlicher Grund illegal veräußert worden ist. Zum Beispiel im Mau-Wald auf dem gleichnamigen Gebirge, wo Hunderte von armen Siedlern Land in ökologischem Schutzgebiet gekauft hatten. Mit brutaler Härte werden diese Siedler jetzt vertrieben. Menschenrechtler wie Pfarrer Gabriel Dolan aus Kitale kritisieren diese Behandlung: „Die Regierung muss uns sagen, warum sie denn nicht jene Politiker und Reichen vertreibt, die sich Tausende von Hektar Land illegal angeeignet haben.“

Gute Regierungsführung, transparentes Handeln, ein auf Regeln basierendes Handels- und Finanzsystem werden im Punkt acht der Milleniums-Entwicklungsziele weltweit eingefordert. Ein Land wie Kenia, dessen Präsident Mwai Kibaki beim Amtsantritt einen „Service der Regierung“ für die Bürger versprochen hat und die Vision von der „arbeitenden Nation“ aufstellte, ist davon noch meilenweit entfernt. Das größte Problem sei die Geschwindigkeit der Reformen, meint selbst der eloquente Regierungssprecher Alfred Mutua, man krieche mit „30 Stundenkilometern“ daher, obwohl man mit Tempo 90 „segeln“ müsste, um alle Erwartungen zu erfüllen. Die Wirtschaftsdaten Kenias weisen zwar ein stetes Wachstum auf, der Tourismus boomt, aber die Korruptionsbekämpfung hat mit der Auswanderung des Staatssekretärs für ethische Fragen, James Githongo, nach Großbritannien einen schweren Rückschlag erlitten. Mit Githongo quittierten eine Reihe von hochrangigen Korruptionsjägern ihren Job. Eine der kritischsten Stimmen Kenias war der kürzlich abberufene britische Botschafter in Nairobi, Edward Clay. Mit ihrer Gier nach Geld spucke die kenianische Politikerkaste auf die Füße der Geberländer, hatte Clay einmal in öffentlicher Rede behauptet. Dem Präsidenten legte er 22 Fälle frischer Korruption vor. Sie fallen zum Teil in den Bereich der Ministerien für Verteidigung und Inneres, die sich aus Sicherheitsgründen auf geschlossene Ausschreibungen versteifen. Auch beim Auftrag für den Bau eines Kriegsschiffes in Spanien soll Geld geflossen sein.

Keiner der „dicken Fische“ der Korruption sei je strafrechtlich belangt worden, klagen westliche Diplomaten in Nairobi. Eine Aufarbeitung des hochkorrupten Systems von Moi war auch nicht zu erwarten gewesen, denn viele Minister Kibakis hatten auch in der alten Kanu-Partei Ämter. Die Diplomaten sprechen auch von neuer Korruption. Alte Oppositionspolitiker wie der Menschenrechtsanwalt James Orengo haben inzwischen die „Illusion“ verloren, dass die Regenbogen-Regierung mit der Korruption aufräume.

Wirtschaftsführer in Kenia beklagen das marode Straßensystem und die aufgeblähten Staatsbetriebe. Entwicklungshelfern zufolge fehlt der politische Wille. So liegen 150 Millionen Euro Budgethilfe der Europäischen Union für das Gesundheitswesen und den Straßenbau auf Eis, weil das Parlament Kenias ein Gesetz zur sauberen Auftragsvergabe nicht auf den Weg bringt. Es finde keine Lobbyarbeit für ein solches Gesetz statt, klagt ein Experte, die Abgeordneten würden sich gar nicht ernsthaft damit befassen. Selbst Parlamentspräsident Francis Kaparo beklagte kürzlich „eine Menge Unehrlichkeit und Eigennutz“ im Hohen Hause. „Loyal sind wir nur zu unserem eigenen Geldbeutel“ und die „politischen Parteien sind eingeschlafen“, klagte Kaparo. Die Äußerungen sorgten für einen Eklat im Parlament, doch Kaparo blieb im Amt. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung.

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