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Politik: KFOR-Chef Reinhardt vor der Entscheidung über neue Nato-Kontingente für Kosovo: Es fehlen 3000 Polizisten

Klaus Reinhardt (59) ist seit Oktober Kommandierender der internationalen KFOR-Friedenstruppe. KFOR soll die Sicherheit garantieren, die zivile UN-Mission unterstützen und sich am Wiederaufbau beteiligen.

Klaus Reinhardt (59) ist seit Oktober Kommandierender der internationalen KFOR-Friedenstruppe. KFOR soll die Sicherheit garantieren, die zivile UN-Mission unterstützen und sich am Wiederaufbau beteiligen. Mit Reinhardt sprach Claudia Lepping.

Wann rechnen Sie mit dem Votum des Nato-Rats für die Entsendung weiterer KFOR-Einheiten ins Kosovo?

Ich rechne nicht zu einer bestimmten Zeit damit. Der Nato-Rat wird mit den souveränen Regierungen gemeinsam entscheiden.

Von welchem Nato-Land haben Sie den Eindruck, dass es lieber heute als morgen seine Kontingente reduzieren will?

Wir haben im Moment eine Gesamtstruktur von 36 Nationen - mit stärkeren und kleineren Kontingenten. Und mir geht es darum, dass wir diese Kontingente auch in Zukunft behalten werden. Wir sind noch nicht in der Lage, Truppen herauszuziehen, die Sicherheitslage erlaubt mir das nicht.

Wer will reduzieren? Sind es die Briten, die ihre Truppen auf dem Balkan ohnehin neu formieren wollen?

Nein. Hier haben eine ganze Reihe von Nationen ihre Kräfte je nach ihren Möglichkeiten begrenzt eingesetzt und das mit uns abgesprochen. Aber einige Nationen sind durchaus dabei, ihr Gesamtkonzept für den Balkan neu zu strukturieren - nach dem Motto: "Wir konzentrieren uns entweder auf Bosnien oder auf Kosovo, weil wir beides gleichzeitig nicht machen können." Sie wollen ihre Kräfte auf eine Region konzentrieren, weil sie dann den gesamten logistischen Bereich reduzieren können. Aber dieser Denkprozess ist gerade erst angelaufen.

Während der Sondersitzung des Botschafterrates am Freitag schien es, als wäre der britische Nato-Generalsekretär Robertson eher zur Truppenreduzierung bereit als Sie und der NATO-Oberbefehlshaber für Europa, Wesley Clark?

Ich habe diesen Eindruck nicht. Ich habe dem Nato-Rat vorgetragen und die Situation sachlich dargestellt.

KFOR muss für alles den Buckel hinhalten, sogar Krankenhäuser und Gefängnisse leiten und Brände löschen. Werden die Versäumnisse im Aufbau ziviler Strukturen von gewaltbereiten Nationalisten ausgenutzt?

Die Nato war früher hier als die zivile UN-Verwaltung Unmik. Wir wissen, das die internationale Gemeinschaft und damit auch Unmik in der Bereitstellung von Polizisten Schwierigkeiten hat. Es fehlen noch immer etwa 3000 Polizisten, die KFOR ersetzen muss. Aber die KFOR-Soldaten sind dafür nicht ausgebildet, sie können deren Aufgaben nur begrenzt ausführen und können auch nur begrenzt so erfolgreich sein wie ausgebildete Polizisten. Feuerwehren haben wir grundsätzlich dabei. Es macht für mich keinen Zweck zu jammern: Die einen können es eben noch nicht tun, deshalb mach ich es. Ich habe die Aufgabe, mit den mir zur Verfügung stehenden Kräften und jenen, die Unmik zur Verfügung stellt, zu höchsten Synergieeffekten zu kommen. Da haben wir die optimale Struktur noch nicht erreicht. Und auch der Aufbau des "Kosovo Police Service", der einheimischen Kräfte, klemmt noch, weil die Kandidaten sich in der Akademie erst noch qualifizieren müssen. Das läuft an, das wird von Monat zu Monat besser und KFOR die Arbeit erleichtern.

Wie müsste ein Polizist aus Deutschland, der sich für die UN-Polizei interessiert, nach Ihren Erfahrungen ausgebildet sein?

Zur Ausstattung und Qualifikation kann ich mich nicht äußern, das ist nicht mein Geschäft. Da will ich keinen öffentlichen Rat geben.

Der Aufbau ziviler Strukturen hinkt der militärischen Umsetzung des Friedensabkommens hinterher. Behindert er KFOR auch?

Ich war in Bosnien und in Somalia im Einsatz, aber so eng wie KFOR und Unmik hier im Kosovo haben wir noch nie zuvor zusammengearbeitet. Wir koordinieren alles, was wir tun und haben unsere Strategie für das Land. Das läuft optimal. Aber wir müssen sehen, dass die militärische Maschinerie, die KFOR hier hereingebracht hat, viel geschlossener agieren kann als die zivilen Organisationen von Unmik bis OSZE, Europäischer Gemeinschaft und UN-Flüchtlingshilfswerk. Die sind viel schwieriger zu koordinieren. Und hier fehlt es finanziell in den Bereichen Personal und Material noch an Einigem.

Haben Sie den Eindruck, dass sich das bald bessert?

Das wird jetzt schrittweise aufgebaut. Es kommen fast täglich hochkarätige Delegationen und Politiker, die wir bitten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Geht das schnell genug?

Nicht immer so schnell, wie wir wollen. Aber heute laufen Dinge gut, von denen wir nie zu träumen gewagt haben, dass sie funktionieren. Wir alle müssen Geduld haben, Serben, Albaner, KFOR und die internationale Gemeinschaft. Solange die internationale Gemeinschaft auf unsere Forderungen reagiert und versucht, sie umzusetzen, bin ich schon sehr zufrieden.

Ihr Stellvertreter, der italienische General Mazzaroli, wurde nach Rom zurückbestellt, weil er Rom mangelnde politische Unterstützung vorgeworfen hat. Hatte er Recht, und gilt das nicht auch für andere EU-Länder?

Dazu möchte ich micht nicht äußern. Er ist ein ausgesprochen guter Stellvertreter und war mir eine unglaublich große Hilfe. Ich war sehr glücklich, dass er mir zur Seite stand. Er hat unglaublich viel für die Bevölkerung des Kosovo getan. Ich schätze ihn sehr. Mehr sage ich dazu nicht.

Er durchschaut Ursachen und Zusammenhänge offensichtlich sehr gut?

Das tun wir alle.

Läuft KFOR Gefahr, instrumentalisiert zu werden, wenn nationalistische Kräfte Streit unter den Volksgruppen provozieren?

Jeder versucht, uns in irgendeiner Form zu instrumentalisieren. Jeder versucht, Einfluss zu nehmen. Entscheidend ist, ob es gelingt. Und bisher hat uns noch keiner instrumentalisiert.

Wann rechnen Sie mit dem Votum des Nato-Rats f&uum

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