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Politik: Kiep ist ein Fall für den Staatsanwalt - Ein Untersuchungsausschuss würde politisch missbraucht (Kommentar)

Das ist alles sehr, sehr merkwürdig. Ein CDU-Schatzmeister schickt einen für die CDU tätigen Kassenprüfer an den Bodensee, eine Million Mark abzuholen.

Von Robert Birnbaum

Das ist alles sehr, sehr merkwürdig. Ein CDU-Schatzmeister schickt einen für die CDU tätigen Kassenprüfer an den Bodensee, eine Million Mark abzuholen. Der Kassenprüfer nimmt das Köfferchen von einem Waffenhändler in Empfang. Der Bundessicherheitsrat beschließt ein Panzer-Geschäft mit Saudi-Arabien, gegen das kurz vorher noch erhebliche Bedenken bestanden. Die Million landet auf einem Treuhand-Konto, liegt eine Weile herum und verschwindet dann. Als die Staatsanwaltschaft den CDU-Schatzmeister verdächtigt, das Geld eingesteckt und nicht versteuert zu haben, deklariert der das hübsche Sümmchen als "Parteispende". Nur kommt die Spende nicht bei der Partei an, sondern wird als außerplanmäßige Gratifikation an verdiente Mitarbeiter verteilt.

So weit in groben Umrissen die Kiep-Affäre, wie sie die direkt Beteiligten darstellen. Selbst wenn das so stimmt, wirft es ein düsteres Licht auf das damalige Finanzgebahren der Christdemokraten. Warum leitet der Finanzchef eine angebliche Parteispende nicht in die Parteikasse? Weil, so müssen wir vermuten, ihm das zu heikel war. Eine solche Großspende hätte im Rechenschaftsbericht mit dem Namen des Spenders genannt werden müssen - und genau das sollte wohl nicht passieren. Also wird die heiße Ware zur Spende de luxe erklärt, der Öffentlichkeit verschwiegen und vermeintlich unauffällig verteilt.

Wer - außer Kiep und den Begünstigten - wusste davon? Angeblich niemand. Man darf es den Regierungsfraktionen nicht übel nehmen, wenn sie das nicht glauben und der jetzigen Opposition mit einem Untersuchungsausschuss drohen. Umso mehr, als der damalige CDU-Chef Helmut Kohl gerade posthum zur Kultfigur befördert wird, mit der sich seine Partei gerne wieder in Wahlkämpfen schmückt. Einem solchen Mann eine Finanzaffäre anzulasten, ist eine große Versuchung.

Völlig ungeklärt ist ja auch, warum der wegen Bestechungsverdachts mit Haftbefehl verfolgte Waffenhändler Schreiber so spendierfreudig war. Oder ob er, nur zum Beispiel, auf einer Spendenquittung bestanden hat. Also ein Fall für einen parlamentarischen Ausschuss? Wer die Geschichte solcher Ausschüsse verfolgt hat, wird skeptisch sein: Der Wahrheitsfindung haben sie bisher so recht nicht gedient. Was an der Kiep-Affäre aufgeklärt werden muss, kann genauso gut, ja besser die Staatsanwaltschaft klären. Wenn - ja, wenn alle Beteiligten und potenziell Beteiligten mit offenen Karten spielen und ihre Aussagen ein klares, nachvollziehbares Bild der Vorgänge zeichnen. Wenn aber nicht - dann ist es sich das Parlament wohl schuldig, selbst nachzuforschen.

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