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Es ist im Moment wenig zu spüren von jener Harmonie, die Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einst auf der Regierungsbank demonstrierten.

© Maurizio Gambarini / dpa

Kindergeld-Kürzung für EU-Ausländer: SPD bremst Schäuble aus

Mit dem Plan zur Kürzung des Kindergelds für EU-Ausländer stößt die Bundesregierung auf Widerstand der EU-Kommission. Das sorgt in Berlin für Streit.

Von Hans Monath

Die Bundesregierung streitet intern über ihre Pläne zur Kürzung des Kindergeldes für EU-Ausländer. Das Vorhaben stößt auf massiven Widerstand der EU-Kommission. Sie reagierte verärgert auf Berichte, wonach die Koalition den Konflikt eskalieren lassen und am Mittwoch gegen den Willen Brüssels ein Gesetz zur Kindergeld-Kürzung verabschieden wolle. Ziel ist es, das Kindergeld an die niedrigeren Lebenshaltungskosten im Heimatland des Kinder anzupassen, um Sozialmissbrauch zu verhindern.

Tatsächlich wurde das Gesetz nun nicht auf die Tagesordnung des Kabinetts für diese Woche gesetzt, da sich die Ministerien für Finanzen einerseits, Justiz sowie Arbeit und Soziales anderseits über das Vorgehen nicht einigen konnten. Während das Finanzressort eine Art Vorratsbeschluss ohne Brüsseler Grundlage befürwortet, warnen Justiz- und Arbeitsressort vor einem Bruch von Europarecht durch einen nationalen Alleingang.

Dabei unterstellt die SPD Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), mit seinem Willen zur Eskalation gegen den erklärten Willen Brüssels ziele er in Wirklichkeit auf bevorstehende Landtagswahlen. "Unser Ministerium beteiligt sich nicht an einem Wahlkampf gegen die EU", hieß es aus dem Arbeitsministerium. Der Widerstand zweier SPD-geführter Ministerien gegen Schäubles Haus ist pikant, weil der damalige Wirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel Ende vergangenen Jahres von Schäuble ultimativ verlangt hatte, ein Gesetz zur Kürzung des Kindergeldes für EU-Ausländer vorzulegen.

Allerdings hat sich inzwischen die Ausgangslage verändert, da Brüssel das Vorhaben klar ablehnt. Auch ist keine Mehrheit im Rat in Sicht, die EU-Position zu ändern. In einer Antwort auf einen Brief der Bundesregierung verwies die Kommission auf die Freizügigkeit und argumentierte, wer in der EU Sozialabgaben und Steuern zahle, müsse unabhängig von seiner Nationalität die gleichen Leistungen erhalten. Da nur ein Prozent aller Leistungen an im EU-Ausland lebende Kinder gingen, werde die Erhebung von Lebenshaltungskosten in 27 EU-Ländern einen "bürokratischen Alptraum" schaffen.

Die neue Regelung würde EU-Ausländer betreffen, die hier leben und arbeiten, deren Kinder aber im Herkunftsland leben. Eltern aus Polen, Rumänien, Bulgarien und Kroatien etwa würden nur noch die Hälfte des Kindergeldes erhalten, also monatlich 96 Euro statt 192 Euro.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund begrüßte die Pläne der Regierung. Jährlich müssten rund 470 Millionen Euro für 180.000 im EU-Ausland lebende Kinder gezahlt werden, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem Tagesspiegel. Teilweise gebe es beim Kindergeld in der EU Unterschiede von weit mehr als 100 Euro monatlich. Es sei deshalb richtig, „in solchen Fällen das Kindergeld nur in der Höhe zu zahlen, die dort üblich ist, wo das Kind lebt“.

Die Grünen kritisierten, die Bundesregierung verfahren nach dem Prinzip "Augen zu und durch": "Damit biedern sich Union und SPD EU-Gegnern und Nationalisten an und setzen die Axt an das zentrale Prinzip der Freizügigkeit." Die Berliner Grünen-Bundestagsabgeordnete Lisa Paus sagte dem Tagesspiegel, die Auszahlung des Kindergeldes nach indexiertem Lebensstandard für 28 verschiedene EU-Länder sei "unglaublich bürokratisch" und stehe in keinem Verhältnis zum möglichen Ertrag: "Die Große Koalition will damit die Freizügigkeit in der EU erschweren. Damit sendet sie ein sehr schlechtes Signal für Europa."

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