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Kindesmissbrauch im Netz: Schwarz-Gelb entsagt den Internetsperren

Statt einer Blockade von Webseiten nun doch die Löschung: Einem Medienbericht zufolge vollzieht die Bundesregierung eine Wende in der Bekämpfung von Kinderpornografie.

Die Bundesregierung hat ihre Pläne aufgegeben, kinderpornografischen Inhalten im Netz durch die Sperrung von Webseiten beizukommen. Stattdessen will die schwarz-gelbe Koalition nun ein Gesetz zur Löschung entsprechender Onlineangebote auf den Weg bringen. Das geht aus einer Stellungnahme des Kanzleramtes an Bundespräsident Horst Köhler hervor, aus der Spiegel Online zitiert. Das Justizministerium bestätigte, dass es dem Bundespräsidenten übermittelt habe, nicht weiter auf der Sperrung dieser Seiten zu bestehen.

Das von Bundestag und Bundesrat bereits beschlossene Sperrgesetz war von der damaligen Familien- und heutigen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) initiiert worden und hatte viel Kritik ausgelöst. Ihr selbst brachte es den Schmähnamen "Zensursula" ein. Unter anderem hatten 130.000 Menschen eine gegen das Gesetz gerichtete Online-Petition unterschrieben. Ihr Hauptargument lautete, dass die geplanten Stoppschilder wirkungslos seien, da die Inhalte weiter verfügbar blieben. Außerdem werde mit ihnen eine Infrastruktur geschaffen, die zur Zensur beliebiger missliebiger Inhalte missbraucht werden könne.

Bundespräsident Horst Köhler hatte dem Gesetz bislang seine Unterschrift verweigert und ein Inkrafttreten so verhindert. Er hatte von der neuen Bundesregierung ergänzende Informationen verlangt.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und FDP bereits vereinbart, man wolle die Internetsperren für zunächst ein Jahr aussetzen. Dort steht auch: "Wir lehnen eine generelle Überwachung des Internetdatenverkehrs ab." Das hatte den Gegnern der Regelung bereits Hoffnung gemacht. Die jetzige Stellungnahme aus dem Kanzleramt enthält Spiegel Online zufolge nun eine gänzliche Abkehr vom alten Sperrkurs. Bis man zu einem neuen Löschgesetz komme, werde man sich auf Basis des bisherigen Gesetzentwurfs "ausschließlich und intensiv für die Löschung derartiger Seiten einsetzen, Zugangssperren aber nicht vornehmen", heißt es demnach in dem Schreiben an Köhler. Es soll Ende vergangener Woche im Bundespräsidialamt eingegangen sein.

Bei der Union will man aus dem ganzen Vorgang keine große Sache machen und verweist auf den Koalitionsvertrag, in dem alles bereits verhandelt worden sei. Man setze dies nur zügig um, hieß es. Dabei scheint die Union ihre Haltung nicht geändert zu haben, Netzsperren werden weiter als sinnvolles Instrument betrachtet. Das neue Gesetz, so heißt es, sei vor allem dem Koalitionspartner und dessen Bauchschmerzen mit der Sperridee geschuldet.

Die FDP begrüßte die Entscheidung, die CDU-Innenminister Thomas de Maizière und FDP-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger miteinander abgestimmt hatten. "Mit Sperren war und ist der Kampf gegen das schreckliche Verbrechen des Kindesmissbrauchs und der Kinderpornographie nicht zu gewinnen", erklärte Gisela Piltz, die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion. "Notwendig ist, Lösungen mit den Selbstregulierungskräften des Internets wie dem Providernetzwerk INHOPE oder der deutschen Internetbeschwerdestelle zu finden, um effektiv kinderpornographische Inhalte zu löschen."

Auf Kritik der Grünen stieß vor allem die Art und Weise des Verfahrens. "Dem Bundespräsidenten lediglich einen Brief zu schreiben, in dem erklärt wird, man rücke von dem im Bundestag beschlossenen Gesetz wieder ab, ist eine Zumutung und dürfte juristisch kaum tragbar sein", erklärten der netzpolitische Sprecher Konstantin von Notz und Bundesvorstandsmitglied Malte Spitz. "Wann und vor allem mit welchem Inhalt die neue Gesetzesinitiative tatsächlich kommen soll, bleibt jedoch völlig unklar. Unklar bleibt auch, was mit dem bisherigen Gesetz und der bereits geschaffenen Sperrinfrastruktur geschehen soll."

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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