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Kindesmisshandlung: Von der Leyen stellt Frühwarnsystem vor

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) will mit einem verbesserten sozialen Frühwarnsystem Fälle wie den Tod des kleinen Kevin künftig verhindern.

Berlin - Aus Fehlern müsse systematisch gelernt werden, sagte von der Leyen bei der Vorstellung des Konzepts. Sie forderte vor allem eine bessere Zusammenarbeit etwa zwischen Jugend- und Gesundheitsamt. Die Bundesregierung stellt für den Aufbau des Frühwarnsystems zehn Millionen Euro bereit, um Kinder so vor Vernachlässigung und Misshandlung zu schützen. Die Familienministerin lehnte zugleich erneut eine bundesweit gesetzliche Pflicht für Vorsorgeuntersuchungen bei Kindern ab. Die Länder können demnach aber selbst verpflichtende Untersuchungen einführen.

Die Ministerin sprach vor dem Hintergrund der offenbar gravierenden Versäumnisse des Bremer Jugendamtes im Fall Kevin von "sträflichem menschlichem Versagen." Zugleich forderte die Ministerin aber, aus "dem Stadium der Schuldzuweisungen" herauszukommen. Entscheidend sei jetzt, Fehler zu benennen und zu beseitigen. Es würden nicht "Aktionismus und Strohfeuer" gebraucht, sondern eine Gesamtstrategie.

"Guter Start ins Kinderleben"

In der Diskussion über verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen für Kinder sprach sich von der Leyen gegen neue Gesetze aus. Die Länder hätten alle rechtlichen Möglichkeiten, Zwangsuntersuchungen auf Landesebene einzuführen, sagte sie mit Blick etwa auf Forderungen Hessens nach einer bundesweit gesetzlichen Pflicht. Die hessische Sozialministerin Silke Lautenschläger (CDU) hatte dazu eine Bundesratsinitiative angekündigt. Von der Leyen unterstrich zugleich, Vorsorgeuntersuchungen seien wichtig und müssten in das Frühwarnsystem eingebettet seien.

Im Rahmen des jetzt vorgestellten Konzepts für bessere soziale Frühwarnsysteme sollen unter anderem Modellprojekte gefördert werden. Konkret nannte von der Leyen zunächst zwei Projekte: Bei dem Gemeinschaftsprojekt "Guter Start ins Kinderleben" der Länder Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern und Thüringen sollen die Angebote von Jugend- und Gesundheitshilfe systematisch vernetzt werden sowie Beziehungs- und Erziehungskompetenzen von Eltern gestärkt werden. Das zweite Modellprojekt "Pro Kind" in Niedersachsen setzt dem Familienministerium zufolge auf gesundheitliche Prävention schon während der Schwangerschaft. Dabei werden etwa Mütter mit sozialen Problemen gezielt begleitet.

"Zentrum des Bundes für frühe Hilfen"

Der Bund will laut von der Leyen zudem bereits in den Bundesländern bestehende Projekte auf ihre Wirksamkeit überprüfen. Noch in diesem Jahr soll auch ein "Zentrum des Bundes für frühe Hilfen" seine Arbeit aufnehmen. Es soll nach Ministeriumsangaben vorhandenes Wissen und Erfahrungen auswerten und bündeln, um es allen Kommunen und Trägern zugänglich zu machen.

Die "Deutsche Kinderhilfe Direkt" begrüßte den Aufbau eines Frühwarnsystems als "richtigen Schritt", um mehr misshandelte und vernachlässigte Kinder identifizieren zu können. Im Fall etwa von Kevin seien die Ämter aber leider "sehr gut gewarnt" gewesen, erklärte der Vorstandsvorsitzende Georg Ehrmann. Solange das gescheiterte Jugendhilfesystem nicht grundlegend reformiert werde, seien die angekündigten Schritte nicht geeignet, "weitere Fälle schwerster Vernachlässigung, Misshandlung oder gar Tötung zu verhindern."

Der familienpolitische Sprecher der Linken, Jörn Wunderlich, warf von der Leyen eine "vorsätzliche Täuschung der Öffentlichkeit" vor. Ein Frühwarnsystem in der Kinder- und Jugendhilfe sei keine neue Erfindung. Doch solange die Gelder für die Kinder- und Jugendhilfe weiter zusammengestrichen würden, seien "kurzlebige Modellprojekte nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein", erklärte Wunderlich. (tso/AFP)

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