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Kirchen: Unheilige Schrift

Ein internes Papier der Protestanten hegt Zweifel am Kurs der Katholiken und verursacht Ärger.

Berlin - Aus allen Teilen der Republik waren die leitenden Geistlichen der evangelischen und der katholischen Kirche am Mittwochabend nach Karlsruhe gekommen. Sie entschärften einen Konflikt, der das Verhältnis der Konfessionen in den vergangenen Tagen stark belastet hatte. „Das Gespräch wurde offen, konstruktiv und im Geist christlicher Geschwisterlichkeit geführt. Beide Seiten sind davon überzeugt, dass das beschädigte Vertrauen wiederhergestellt werden kann und wird“, hieß es nach dem Gespräch in einer gemeinsamen Erklärung.

Anlass für die Krise war ein internes Papier aus dem Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover. Das Dokument beschreibt die zunehmende Entfremdung zwischen den beiden Kirchen. Die katholische Kirche wird mit einem „angeschlagenen Boxer“ verglichen, der zwischen „öffnenden Gesten“ und „ruppiger Abgrenzung“ schwanke. Papst Benedikt XVI. wird diplomatisches Missgeschick vorgeworfen, dem Vatikan in Hinblick auf die Piusbruderschaft „handwerkliche Fehler“. Es seien „Irritationen“ und ein „bedrückendes Bild“ von der katholischen Kirche entstanden.

Die Ausführungen sollten im Juli der Kirchenkonferenz, einem Forum leitender Geistlicher der evangelischen Kirche, als Grundlage für die Diskussion über die Ökumene dienen. Zu der Diskussion ist es nicht gekommen, weil der badische und der bayerische Landesbischof, Ulrich Fischer und Johannes Friedrich, das Papier heftig kritisierten. „In diesem Stil kann man nicht über die katholischen Brüder und Schwestern sprechen“, sagte Bischof Friedrich am Mittwoch. Es würden in dem Dokument zwar Entwicklungen thematisiert, über die man weiter sprechen müsse, aber besonders die Bewertungen einzelner Personen teile er nicht. „Das Verhältnis zwischen den beiden Kirchen ist nicht besser geworden in den vergangenen zehn Jahren, aber auch nicht schlechter“, sagte Friedrich. Nach der Tagung der Kirchenkonferenz wurde das umstrittene Papier anonym an Journalisten verschickt. Ende August griff die katholische Nachrichtenagentur das Thema auf.

Der Sekretär der Bischofskonferenz und der Präsident des evangelischen Kirchenamtes hätten im Sommer versucht, den Konflikt abzuwenden, sagen Insider. Die beiden wollten sich am Mittwoch dazu nicht äußern. Warum hat der Ratsvorsitzende Bischof Huber nicht versucht, das Dokument im Vorfeld zu stoppen? Warum hat er sich nicht gleich bei Erzbischof Robert Zollitsch entschuldigt, als bekannt wurde, dass das Papier in der Öffentlichkeit ist? Es wäre besser gewesen, wenn er den Kontakt zu Erzbischof Zollitsch früher gesucht hätte, gestand Bischof Huber am Dienstag. „Die evangelische Seite betrachtet diesen Text als Missgriff. Sie bittet um Entschuldigung bei allen, die ihre Kirche und sich persönlich durch einzelne anstößige Aussagen beschwert fühlen müssen“, hieß es nach dem Krisentreffen am Mittwochabend.

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