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Kita-Ausbau: Wo gibt es die größten Lücken?

Die Länder können aller Voraussicht nach bis 2013 den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung nicht erfüllen. Zwischen Ost- und West gibt es dabei ein großes Gefälle.

Ab dem 1. August 2013 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Betreuung für Kinder unter drei Jahren. 780 000 Kita-Plätze wollten Bund, Städte und Kommunen bis zu diesem Datum für die ganz Kleinen zur Verfügung stellen. Doch nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) gibt es für die Null- bis Dreijährigen in Deutschland nach wie vor noch nicht genügend Plätze in Kindergärten oder Tagespflegestellen.

Wie ist der beschlossene Kita-Ausbau in Deutschland vorangeschritten?

Zum Stichtag 1. März 2012 wurden in Deutschland 558 000 Kinder unter drei in Kindergärten oder in Tagespflegeeinrichtungen betreut. Das gesteckte Ziel von 780 000 Plätzen wird damit um 220 000 verfehlt. Für den weiteren Ausbaubedarf bedeutet das laut Statistischem Bundesamt, dass in den kommenden neun Monaten mehr zusätzliche Kindergartenplätze geschaffen werden müssten als in den vergangenen vier Jahren insgesamt.

Wie war die Betreuungssituation der unter Dreijährigen zum betrachteten Stichtag in den einzelnen Bundesländern?

Eines fällt bei Betrachtung der Statistik sofort ins Auge: In Sachen Kinderbetreuung gibt es Deutschland ein starkes Ost-West-Gefälle. In allen ostdeutschen Bundesländern liegt die Betreuungsquote in dieser Altersgruppe bei mehr als 45 Prozent, wobei Sachsen-Anhalt mit 57,5 Prozent an der Spitze liegt. Berlin rangiert mit einer Quote von 42,6 Prozent auf dem sechsten Platz und hat damit den bundesweiten durchschnittlichen Planungswert von 39 Prozent bereits überschritten. Westdeutschland schneidet bei der Betreuungsquote dagegen mit Ausnahme von Hamburg mit Werten unter 30 Prozent vergleichsweise schlecht ab. Am besten sieht es mit Quoten von 27 und 24,2 Prozent noch in Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein aus. Dramatisch stellt sich die Lage in Nordrhein-Westfalen dar: Dort betrug die Betreuungsquote zum Stichtag 1. März 2012 nur 18,1 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das, dass in Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland nur jedes fünfte Kind unter drei einen Kitaplatz hat.

Woher rühren die großen regionalen Differenzen?

Das Statistische Bundesamt verweist darauf, dass einige Bundesländer den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bereits ab einem früheren Kindesalter einräumen als im derzeit gültigen Bundesgesetz. Danach besteht ein Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung erst ab drei Jahren. In Thüringen besteht schon jetzt ein Rechtsanspruch ab Vollendung des ersten, in Rheinland-Pfalz mit Vollendung des zweiten Lebensjahres, in Sachsen-Anhalt sogar bereits ab Geburt des Kindes. Darüber hinaus erklärt sich die höhere Betreuungsquote im Osten auch durch bereits vorhandene Infrastruktur, die noch aus DDR-Zeiten vorhanden war.

Bei den Drei- bis Fünfjährigen ist fast eine „Vollversorgung“ erreicht. 

Bei den Kindern zwischen drei und fünf ist die Lage aber auch insgesamt entspannter. Die Eltern von 1,9 Millionen Kindern konnten im März 2012 Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen. Das entspricht einer Betreuungsquote von 93,4 Prozent.

Wie werden die unterschiedlichen Bedürfnisse der Eltern berücksichtigt?

Gibt es Unterschiede beim Betreuungsumfang?

Ja. Auch hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen Ost und West. Allgemein lässt sich sagen, dass Eltern in Ostdeutschland ihre Kinder insgesamt länger von Dritten betreuen lassen als im Westen. So wurden in Ostdeutschland fast drei von vier Kindern (73 Prozent) mindestens 36 Stunden in der Woche betreut, während die Quote im Westen nur bei 39 Prozent lag. Fast ein Drittel der unter Dreijährigen verbringt bis zu 25 Stunden pro Woche in der Kita, was einer Halbtagsbetreuung entspricht.

Wie wird den unterschiedlichen Bedürfnissen der Eltern Rechnung getragen?

In den meisten Kindergärten in Deutschland beginnt der Kita-Tag zwischen 7 Uhr und 7 Uhr 30. Jede fünfte Einrichtung öffnet bereits vor sieben Uhr, rund jede sechste erst nach 7 Uhr 30. In Ostdeutschland können Eltern in den meisten Tageseinrichtungen bereits vor 7 Uhr auf Kinderbetreuung zurückgreifen. In Westdeutschland bieten dagegen nur fünf Prozent aller Kindergärten diesen Service. Auch bei den Schließzeiten sind Eltern im Osten klar im Vorteil: Hier schließt die Mehrheit der Einrichtungen zwischen 16 Uhr 30 und 18 Uhr, während im Westen fast jede zweite Kita bereits vor 16 Uhr 30 dichtmacht.

Dem Bund droht nach dem 1. August eine Klageflut von Eltern, die keinen Kitaplatz für ihr Kind haben.

Gibt es Alternativen, dies zu verhindern?

Der Städtetag in Baden-Württemberg hat vorgeschlagen, den ab August 2013 geltenden Rechtsanspruch stufenweise – zunächst nur für Zweijährige und dann auch für Einjährige – einzuführen. Allerdings zeichnet sich dafür derzeit keine politische Mehrheit ab. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, favorisiert deswegen flexible Übergangslösungen wie die Vergrößerung von Kindergartengruppen und die Lockerung von baulichen Standards. Zudem müsse auch die Wirtschaft ihren Teil zum Stopfen der Betreuungslücke beitragen und bestehende Betriebskindergärten ausbauen. Auch könnten sich kleinere Firmen zusammenschließen und gemeinsam eine Kinderbetreuung für ihr Personal organisieren, ohne eine eigene Einrichtung unterhalten zu müssen.

Was sagen die besonders betroffenen Bundesländer?

Explizit hat sich bislang nur Nordrhein-Westfalen in Person von Familienministerin Ute Schäfer (SPD) zu den veröffentlichten Zahlen geäußert. Sie pocht darauf, dass der Kita-Ausbau in ihrem Land „erheblich weiter“ ist, als in der Statistik des Bundesamtes zum Ausdruck kommt. Dessen Zahlen seien veraltet, da sie sich auf das Kindergartenjahr 2011/2012 bezögen. Mittlerweile läge die Betreuungsquote bei 26 Prozent. Dass Nordrhein-Westfalen bei den Plätzen für unter Dreijährige im vergangenen Kindergartenjahr den letzten Platz im Bundesländervergleich belege, könne nicht verwundern. „Erst nach dem Regierungswechsel im Sommer 2010 wurden eigene zusätzliche Landesmittel in den U3-Ausbau in Höhe von mittlerweile 440 Millionen Euro im Rahmen eines Landesinvestitionsprogramms investiert.“

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