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Kläger Frank Hannig: "Daten sind von erheblichem Wert"

Für Steuerhinterzieher hat Frank Hannig keine Sympathie, sagt er. Trotzdem hat der Dresdener Strafverteidiger am Donnerstag bei einer Berliner Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die Kanzlerin erstattet, weil er es nicht richtig findet, illegal beschaffte Bankdaten zu kaufen, um Steuerbetrügern auf die Schliche zu kommen.

Berlin - Für Steuerhinterzieher hat Frank Hannig keine Sympathie, sagt er. Trotzdem hat der Dresdener Strafverteidiger am Donnerstag bei einer Berliner Staatsanwaltschaft Anzeige gegen die Kanzlerin erstattet, weil er es nicht richtig findet, illegal beschaffte Bankdaten zu kaufen, um Steuerbetrügern auf die Schliche zu kommen. Aus seiner Sicht haben sich Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) mit ihrer Unterstützung des Kaufs der Steuer-CD womöglich mehrer Delikte schuldig gemacht: Hehlerei, Begünstigung von Straftaten, Ausspähen von Daten, öffentliche Aufforderung zu Straftaten oder auch die Verleitung von Untergebenen zu einer Straftat.

Allerdings rechnet der CDU-Kommunalpolitiker, der bei der Kommunalwahl in Sachsen erfolglos für den Gemeinderat in seiner Heimatgemeinde Heidenau kandidiert hat, durchaus damit, dass die Berliner Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellt. Dann will er dagegen Beschwerde einlegen, damit das staatliche Vorgehen gerichtlich überprüfbar werde, sagt er. Sollten die Gerichte dann entscheiden, dass der Staat illegal erworbene Bankdaten kaufen darf, „würde mich das sogar freuen“, sagt er. Im Gegensatz zu den meisten Juristen hält er auch Hehlerei mit der Steuer-CD für ein mögliches Delikt. Viele Juristen argumentieren, Daten seien keine Sache und deshalb sei Hehlerei auch nicht möglich. Hannig sagt: „Daten sind in unserer Gesellschaftsordnung von erheblichem Wert. Vielleicht müssen die Gesetze an dieser Stelle geändert werden.“

Hannig hat sich mit seiner Anzeige nicht nur Freunde gemacht. Er spricht von „Anfeindungen“ auch aus der eigenen Partei. Er selbst hat eine durchaus schillernde Biografie. Als 18-Jähriger war er „gesellschaftlicher Mitarbeiter“ der Staatssicherheit der DDR. Er lieferte nach Klassenreisen Berichte über die „politische Stimmungslage in der Sowjetunion“. Außerdem diente er beim Berliner Wachregiment Felix Dzierzinski, dem militärischen Arm der Stasi. Allerdings hielt er diese Stasi-Tätigkeit nie geheim. Als er vor einigen Jahren als Bürgermeister der Stadt Mügeln kandidierte, ging er offensiv mit seiner Stasi-Vergangenheit um. Der „Financial Times Deutschland“ sagte er: „Ich schäme mich für das, was ich getan habe. Aber das ist ein Bestandteil meiner Vergangenheit und nichts, was ich verschweige.“

Der Freiburger Steuerberater Heinrich Breit weist dagegen auf die „Beihilfe zur Steuerhinterziehung“ durch die Schweizer Banken hin. Allerdings habe sich auch da schon einiges geändert, sagt er. Es sei durchaus schwieriger geworden, unversteuertes Geld in der Schweiz zu verstecken. Denn um der „schwarzen Liste“ der OECD zu entkommen, hat sich die Schweiz zumindest teilweise kooperativ gezeigt. Europäische Bankkunden müssen seither entweder einer Weiterleitung ihrer Vermögensdaten an die jeweiligen zuständigen Finanzbehörden zustimmen oder einen pauschalen Steuersatz auf ihre Einkünfte abführen. „Seit die Zinsabschlagsteuer in Deutschland auf 25 Prozent gesenkt worden ist, gibt es keinen vernünftigen Grund mehr, einem Kunden zu raten, das Geld in der Schweiz anzulegen“, sagte er dem Tagesspiegel. Er fragt sich deshalb auch, ob der Kauf der Steuer-CD nicht ein in die Vergangenheit gerichtetes Signal ist.

Dass es in allen Parteien Befürworter und Gegner des CD-Geschäfts gibt, wundert Breit nicht. Er saß lange für die Grünen im Freiburger Stadtrat und ist Schatzmeister des SC Freiburg. Es gebe gewichtige Argumente für beide Positionen und vor Wahlen sei es nützlich, beide in der Partei zu haben. Er findet allerdings mit Blick auf die Schweiz, dass „sich Staaten gegenseitig erst gar nicht in eine solche Bredouille bringen dürfen“. Hätte es nicht jahrelang eine systematische Beihilfe zum Steuerbetrug seitens der Schweizer Banken gegeben, gäbe es das Problem nicht.

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