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Politik: Klappe zu, Baby lebt

Von Simone von Stosch Es gibt Dinge, die werden umso komplizierter, je länger man darüber nachdenkt. Auch die Initiatoren des Gesetzentwurfs zur Legalisierung anonymer Geburten und so genannter „Babyklappen“ sehen nun wieder Diskussionsbedarf.

Von Simone von Stosch

Es gibt Dinge, die werden umso komplizierter, je länger man darüber nachdenkt. Auch die Initiatoren des Gesetzentwurfs zur Legalisierung anonymer Geburten und so genannter „Babyklappen“ sehen nun wieder Diskussionsbedarf. Nachdem die Kritik immer lauter geworden ist, haben sie die Gesetzesvorlage vorerst zurückgezogen. Der Missstand ist bekannt: Viele Neugeborene – bundesweit etwa vierzig – werden Jahr für Jahr ausgesetzt. Jedes zweite von diesen Kindern stirbt, weil es zu spät gefunden wird. Um die Neugeborenen zu retten, sind in mehreren Städten „Babyklappen“ eingerichtet worden. Auch in Berlin gibt es die Einrichtung seit rund einem Jahr. Mütter in Not, die ihr Kind nicht behalten wollen oder können, haben so die Gewissheit, dass das Baby sofort versorgt wird. Allerdings ist bis heute nicht einwandfrei geklärt, ob sich eine Mutter nicht trotzdem strafbar macht, weil sie die Identität ihres Kindes „unterdrückt“ und seine Geburt nicht beim Standesamt anzeigt.

Das neue Gesetz soll die „Babyklappen“ legalisieren und Frauen das Recht auf eine anonyme Geburt gewähren. Schwangere müssten ihre Kinder dann nicht mehr heimlich in Verstecken oder auf Toiletten gebären – oft unter katastrophalen sanitären Bedingungen. Sie könnten legal in jeder Klinik entbinden, unter medizinischer Aufsicht und ohne ihre Identität preisgeben zu müssen. Die Vormundschaft für das elternlose Kind läge beim Jugendamt, die Geburt würde dem Standesamt als „anonym“ angezeigt. Genau das wird von den Gegnern des Gesetzes heftig kritisiert: Adoptionsverbände und auch die Menschenrechtsorganisation „Terre des Hommes“ sehen das Grundrecht von Kindern, Eltern und Abstammung zu kennen, verletzt. Nicht zu wissen, woher man kommt, das könne zum Trauma werden.

Terre des Hommes befürchtet außerdem, dass der Markt für illegale Adoptionen vergrößert würde. Die Nachfrage nach gesunden Adoptivkindern sei riesig. Und niemand könne mit dem neuen Gesetz kontrollieren, wie viele Kinder nach der anonymen Abgabe in einer Babyklappe illegal sofort an zahlungskräftige Adoptiveltern weitergegeben würden. Dass das Gesetz zwar gut gemeint ist, aber trotzdem fatale Folgen haben kann, das befürchtet auch die SPD-Rechtsexpertin Margot von Renesse. Es senke die Hemmschwelle und verführe unwillige Eltern zu leichtfertigem Handeln.

Dieser Kritik wollen die Gesetzes-Initiatoren von SPD, Grünen, FDP und der Union jetzt mit einer Überarbeitung in einigen Punkten begegnen: Vor allem die Gefahr des Missbrauchs durch illegale Adoption soll verringert und die Kontrollmöglichkeiten nachgebessert werden. Möglich ist auch eine Verlängerung der Frist, während der eine Geburt beim Standesamt gemeldet werden muss. So soll den Frauen mehr Zeit gegeben werden, ihren Entschluss noch einmal zu überdenken. An dem Gesetz selbst wollen die Befürworter aber festhalten. Keine Frau, die eine Schwangerschaft ausgetragen habe, mache sich die Entscheidung über die Abgabe des Kindes leicht.

Der überarbeitete Entwurf soll am 7. Juni in den Bundestag eingebracht werden, zur abschließenden dritten Lesung.

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