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Politik: Klare Worte, scharfe Schnitte

Der Norddeutsche Steinbrück gilt als Modernisierer. Jetzt ist er zum Ministerpräsidenten von NRW gewählt worden– sogar aus der Opposition gab es Stimmen für ihn

Während der Landtagspräsident in Düsseldorf noch auf das Ergebnis der Abstimmung wartet, lächeln Wolfgang Clement und Peer Steinbrück. Clement drückt einmal kurz Steinbrücks Arm, und an den Lippen lässt sich ablesen, was sie erstaunt ausrufen: 121 Stimmen! Damit hätten mindestens drei Parlamentarier aus der Opposition für den neuen NRW-Ministerpräsidenten votiert. Wenige Minuten später wird Landtagspräsident Ulrich Schmidt verkünden, dass 120 Abgeordnete Steinbrück gewählt haben. Erst später sickert durch, dass eine weitere Stimme für Steinbrück dabei war, sie wurde nicht gewertet, der Umschlag fehlte.

Im Frühjahr erwog Clements Finanzminister, ob er ein Angebot aus der Wirtschaft annehmen sollte. Clement überzeugte ihn, im Lande und in der Politik zu bleiben. Als dann Clement vom Kanzler in die Pflicht genommen wurde, bat Steinbrück ihn, das Land nicht zu verlassen. Doch Clement musste dem Ruf des Kanzlers nach Berlin folgen.

Steinbrück wusste sofort, dass Clement nur ihn für würdig hielt, seine Nachfolge anzutreten. Harald Schartau konnte seinen Hut nicht in den Ring werfen, weil er kein Landtagsmandat hat, und Birgit Fischer wurde selbst von vielen, die sie in der Partei mit einem hervorragenden Ergebnis als Stellvertreterin gewählt hatten, für zu leicht befunden.

Trotz seines norddeutschen Idioms wird Steinbrück inzwischen sowohl von Fraktion wie Partei akzeptiert. Wenn er etwa seinen für Ruhrgebietsohren ungewohnten Tonfall karikiert – „nicht der Akzent ist entscheidend, sondern ob jemand Klartext redet“– dann verstehen sie ihn plötzlich. Dass er als Finanzminister mit dem Hang zur klaren Sprache hin und wieder verletzend wirkte – „es muss gespart werden, bis Blut spritzt“ – haben sie ihm inzwischen verziehen. Er selbst kokettiert inzwischen damit und gibt zu: „Als Finanzminister darf man nicht beliebt sein, als Ministerpräsident darf man ruhig mal zeigen, dass regieren auch Spaß machen kann.“

Bis zu seiner Wahl war nicht sicher, dass die eigene Partei komplett hinter ihm stehen würde. Denn Steinbrück weiß, er muss das Kabinett umbilden, will er die Wahl 2005 gewinnen. Als erstes wird er die Ressorts Wirtschaft und Arbeit nach dem Vorbild der Bundesregierung zusammenführen, mit einem Superminister Harald Schartau. Die anderen Schwerpunkte heißen Infrastruktur, Bildung und Kinderbetreuung. Wen er für fähig hält, diese Ressorts zu führen, wird er den Betreffenden erst in den kommenden Tagen eröffnen. Dann wird er auch mit jenen reden, für die kein Platz mehr im Kabinett sein wird.

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