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Gute Stimmung: Das Bundeskabinett in Meseberg

© Reuters

Klausur in Meseberg: Zurück ins Parlament

Klausur sollte nicht heißen, sich abzuschließen von dem, was ist, sondern aufgeschlossen darüber zu diskutieren, was sein sollte. Am besten als Vorbereitung für eine große Debatte im Parlament. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Zeit der Präsidialentscheidungen ist vorbei. Oder sollte zumindest vorbei sein. Wehrpflicht, Atomausstieg, die Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge – immer hat Angela Merkel entschieden, als wäre sie, sagen wir es positiv, die amerikanische Präsidentin. Nur ist sie die Bundeskanzlerin, und die ist im Bundestag – auch bloß zur Erinnerung: dem Forum der deutschen Politik – rechenschaftspflichtig. Hier herrscht nämlich keine Präsidial-, sondern eine Parteiendemokratie, die sich ausdrückt in Fraktionen, die es ins Parlament geschafft haben. Da werden dann Beschlüsse gefasst. Oder eben auch nicht.

Das klingt theoretisch. Ist es aber nicht! Zuweilen kommt ja der Bundestagspräsident aus gegebenem Anlass darauf zu sprechen. Indem er nämlich das Parlament als Ganzes, alle seine Kollegen, ermuntert, ihre Aufgabe als Volksvertreter auch wirklich wahrzunehmen. Was dazu noch gerne vergessen wird: Der Kanzler wird nicht direkt, sondern aus der Mitte des Parlaments gewählt. Das Parlament kann sich einen neuen Kanzler wählen, als Vertreter der Exekutive, nicht der Kanzler ein neues Parlament. Seine Legitimation erwächst aus dem Rückhalt im Parlament. Zuallererst.

Warum dieser Exkurs? Weil er einen Anteil der Unzufriedenheit in dieser noch amtierenden Koalition wiedergibt. Womit wir in Meseberg wären, bei der Klausurtagung des Kabinetts. Ein Präsident bräuchte keine. Eine Kanzlerin schon. Da ist eine Verständigung auf das restliche Arbeitsprogramm sehr willkommen – aber vielleicht angesichts der Lage um Deutschland herum unter stärkerer Einbeziehung der Wünsche, wie sie gerade von Abgeordneten an die Regierung herangetragen werden. Und der Sorgen: Was denkt die Koalition eigentlich jetzt so über die Bundeswehr, die aufgerüstet werden muss, über die Tatsache, dass die EU neue Atommeiler will und die Chinesen ihre exportieren, was über die Türkei als Garant in der Flüchtlingsfrage? Klausur sollte nicht heißen, sich abzuschließen von dem, was ist, sondern aufgeschlossen darüber zu diskutieren, was sein sollte. Am besten als Vorbereitung für eine große Debatte im Parlament.

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