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Politik: Kleiner Disput am Rande

Bush fordert von Scharon den Stopp des Ausbaus von Siedlungen – ansonsten sind sich beide einig

Darf er nun oder nicht? Am Montag war Israels Ministerpräsident Ariel Scharon bei George W. Bush zu Besuch, auf dessen Ranch im texanischen Crawford. Die Visite war geplant, um die volle Unterstützung des USPräsidenten für Scharons Plan zu signalisieren, sämtliche Siedlungen im Gazastreifen zu räumen. Doch am Rande gab es eine Dissonanz. Bush bat Scharon eindringlich darum, keine neuen Siedlungen zu bauen. Die Verpflichtungen aus der Road Map, dem internationalen Friedensplan für den Nahen Osten, müssten eingehalten und alle illegalen israelischen Außenposten in der besetzten Gebieten entfernt werden. Das klang ungewohnt harsch.

Viele Beobachter waren sich einig: Das Weiße Haus ist strikt dagegen, dass Israel die Großsiedlung Maale Adumim in der Nähe von Jerusalem um 3650 Häuser erweitert. Das Gipfeltreffen habe in einem „Siedlungs-Disput“ geendet, wie es hieß. Doch warum blieben die Mienen der beiden Staatschefs unter der heißen Sonne von Texas so freundlich? Scharon sagte, er teile mit Bush die Prinzipien der Road Map. Aber einig seien sie sich auch, dass einige Siedlungen in der Westbank ein Teil Israels seien, der niemals geräumt werden müsse. Maale Adumim zählt für Israel dazu. Außerdem betrachtet die Scharon-Regierung die natürliche Expansion von Siedlungen nicht als illegalen Neubau. Hat Bush nun lediglich eine allgemeine Position bezogen oder sich konkret auf die Pläne für Maale Adumim bezogen? Das blieb offen.

Würde Israel sein Vorhaben umsetzen, wäre die Westbank in einen nördlichen und südlichen Abschnitt geteilt. Außerdem wäre der arabische Ostteil Jerusalems, den die Palästinenser gerne zu ihrer künftigen Hauptstadt machen würden, vom Rest der Westbank abgeschnitten. Gewissermaßen als Preis dafür, sich aus dem Gazastreifen zurückgezogen zu haben, hätte die Scharon-Regierung einen lebensfähigen Palästinenserstaat in der Westbank unmöglich gemacht. Dennoch ist der Streit etwas künstlich. Mindestens für die nächsten drei Jahre werden in Maale Adumim keine neuen Häuser gebaut. Und das überhaupt jemals geräumt wird, ist unwahrscheinlich.

Und der Gipfel-Disput nützt allen. Scharon kann seine rechtsnationalistischen Kritiker besänftigen, die ihm bereits den Rückzug aus dem Gazastreifen als Verrat ankreiden. Im Gazastreifen, dessen Räumung in drei Monaten beginnen soll, leben knapp 8000 Israelis in 21 Siedlungen. Bush seinerseits kann so tun, als würde er auch Israel einmal unter Druck setzen. Und Palästinenserchef Mahmoud Abbas kann bequem gegen eine Erweiterung der Siedlung protestieren, weil er damit der heikleren Frage ausweichen kann, ob auch die Siedlung selbst geräumt werden muss. Um den Friedensprozess weiter voranzutreiben, will Bush am 25. April den saudiarabischen Kronprinzen Abdullah empfangen. Wenig später kommt auch Abbas in die USA.

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