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Wohin steuert die SPD?

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Update

"Kleiner Parteitag": SPD-Führung schreibt Steuererhöhungen ab und empfiehlt große Koalition

Der SPD-Vorstand empfiehlt dem heutigen Parteikonvent die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU. Gleichzeitig stellte die Führung zehn unverzichtbare Forderungen für eine große Koalition zusammen - zwei wichtige Wahlkampfthemen sind nicht darunter.

Der SPD-Vorstand hat sich bei einer Nein-Stimme für Verhandlungen mit der Union über eine große Koalition ausgesprochen. Das 35-köpfige Gremium verabschiedete am Sonntag eine Beschlussempfehlung für den anschließend tagenden Parteikonvent über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU/CSU, hieß es aus Teilnehmerkreisen.

Zudem verfasste die SPD-Spitze eine Beschlussempfehlung mit unverzichtbaren Forderungen für eine große Koalition. Dazu zählt ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro, Verbesserungen bei Rente und Pflege, aber auch Entgeltgleichheit für Frauen und Männer sowie die doppelte Staatsbürgerschaft auf.

Abschaffung des Betreuungsgelds wird nicht erwähnt

Forderungen aus dem Wahlkampf wie Steuererhöhungen, Abschaffung des Betreuungsgeldes oder auch der Umbau der Krankenversicherung in eine Bürgerversicherung tauchen in dem Papier nicht auf. Zum Thema Steuererhöhungen heißt es: „Wir werden in den Koalitionsverhandlungen auf einer verlässlichen, soliden und gerechten Finanzierung aller Projekte einer künftigen Koalitionsvereinbarung bestehen, um die damit angestrebten Verbesserungen auch tatsächlich zu erreichen.“

Das Papier sieht auch Finanzspritzen für Kommunen, Investitionen in die Infrastruktur und Bildung sowie die Einführung einer Finanztransaktionssteuer vor. "Wir wollen Fortschritte in den Punkten erreichen, für die wir bei der Bundestagswahl angetreten sind. Grundlage für unsere Verhandlungen ist daher das Regierungsprogramm der SPD“, heißt es den Angaben zufolge in dem Papier der Parteiführung um SPD-Chef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Andrea Nahles.

Lesen Sie hier die zehn Kernforderungen der SPD-Führung zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der CDU

Mehrstündige Debatten werden erwartet

„Wir werden in der Sache hart verhandeln, damit am Ende eine handlungsfähige Regierung steht. Dafür sind auch Kompromisse nötig“, zitierte „Spiegel Online“ aus der Beschlussvorlage. Die zehn angeführten Punkte seien allerdings „unverzichtbar“. Gibt der Konvent grünes Licht, sollen Koalitionsverhandlungen am Mittwoch beginnen.

Der Parteikonvent ist das höchste Beschlussgremium der SPD zwischen Bundesparteitagen. In der nicht-öffentlichen Sitzung werden mehrstündige Debatten erwartet. Die SPD pocht seit längerem auf einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro in Ost- wie Westdeutschland. „Ein gesetzlicher Mindestlohn verteidigt die soziale Marktwirtschaft und ist in vielen europäischen Ländern längst Realität“, argumentierte die stellvertretende Parteivorsitzende Manuela Schwesig in der „Bild am Sonntag“.

Am Ende sollen 470.000 SPD-Mitglieder über einen Koalitionsvertrag abstimmen

Unions-Fraktionsvize Michael Fuchs sieht dagegen die Tarifpartien in der Pflicht. Die Gewerkschaften sollten sich gemeinsam mit den Arbeitgebern auf einen Mindestlohn einigen. Koalitionsverhandlungen könnten den ganzen November andauern - an deren Ende sollen die rund 470 000 SPD-Mitglieder über einen Koalitionsvertrag abstimmen. Das Prozedere für das Mitgliedervotum ist noch unklar - der vor dem Konvent am Sonntagmorgen (10.00 Uhr) tagende Vorstand könnten hierzu erste Empfehlungen erarbeiten.

Sellering: Keine große Koalition um jeden Preis

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) rief seine Partei auf, nicht um jeden Preis eine Koalition mit der Union zu bilden. „Wenn es uns nicht gelingt, das in ausreichender Weise umzusetzen, was wir versprochen haben, müssen wir den Wählern sagen: Tut uns leid, dafür stehen wir nicht zur Verfügung“, sagte Sellering der „Welt am Sonntag“. „Und dann sind Neuwahlen für uns auch kein Schreckgespenst.“

Will die SPD Martin Schulz als EU-Kommissar durchsetzen?

Für den Fall einer großen Koalition will die SPD das Amt des EU-Kommissars offenbar für sich beanspruchen und es mit dem gegenwärtigen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz besetzen. Schulz solle bei Koalitionsgesprächen mit der Union auch die Punkte für seine Partei verhandeln, die Europa und die Euro-Rettung betreffen, schrieb die “Welt am Sonntag“ unter Berufung auf Parteikreise. Auf informelle Absprachen zwischen Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Parteichef Sigmar Gabriel, erst nach der Europawahl 2014 im Angesicht der Ergebnisse über die Besetzung des deutschen Kommissars zu entscheiden, wollten sich die Sozialdemokraten nicht einlassen, hieß es weiter.

Wie das Blatt unter Berufung auf EU-Kreise zudem berichtete, will allerdings EU-Energiekommissar Günther Oettinger auch in der kommenden Legislaturperiode deutscher Kommissar in Brüssel bleiben. Der CDU-Politiker habe Gefallen an seinem Amt gefunden. Er hoffe nun darauf, dass er in der neuen EU-Kommission nach den Europawahlen im Mai einer von mehreren Vizepräsidenten werde und ein wichtigeres Ressort bekleiden könne als das für Energiefragen. (AFP/dpa/Reuters)

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