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Politik: Kleines Vergnügen

Ob Hunde, Wirtshaus, Kirmes oder Sex – die Kommunen sind klamm und nutzen ihre Bagatellsteuern

Vieles kann besteuert werden, auch das Vergnügen. Im Mittelalter betraf das noch die Lotterien. Im 18. Jahrhundert dann Kegelbahnen und Billardtische. Heute wird die Vergnügungssteuer auf Tanzveranstaltungen, Theater und Kino erhoben. Köln hat in der vergangenen Woche das Vergnügen weiter definiert und eine „Sex-Steuer“ beschlossen. Auch Prostituierte sollen einen Beitrag zur Sanierung des städtischen Haushalts leisten.

Die Kölner Stadtverwaltung kommt durch die Ausweitung der Vergnügungssteuer in gewisser Weise dem Bundesrechnungshof entgegen, der jüngst eine „unzureichende Besteuerung“ von Bordellen ausmachte. Rund zwei Milliarden Euro an Einkommens- und Gewerbesteuern seien hierdurch der öffentlichen Hand entgangen. Von der Ausweitung der Vergnügungssteuer auf die Prostitution erhofft sich die Stadt Einnahmen in Höhe von 700 000 Euro.

Das aber reicht den Kölnern noch nicht. Zirkusdirektoren und Kirmesveranstalter sowie Kinos und Theater sollen mehr zahlen. „Das ist unvorstellbar“, entsetzte sich der Präsident des Hauptverbands deutscher Filmtheater, Steffen Kuchenreuther. Nach der Wende hatte der Verband noch gegen ostdeutsche Wünsche nach einer Ausweitung der Vergnügungssteuer erfolgreich gekämpft. Durch den Kölner Schritt sieht er die Kinos wieder in der Defensive. „Wir werden dagegen natürlich protestieren“, sagte Kuchenreuther.

Die Vergnügungssteuer zählt zu den wenigen Steuern, über die viele Gemeinden selbst verfügen können. Weil sie meist nur wenig Einnahmen bringen, werden sie als Bagatellsteuern bezeichnet. Hierzu zählen die Hundesteuer sowie die Schank- und Getränkesteuer. Wenn es die Länder erlauben, können Kommunen über die Höhe dieser Steuern selbst entscheiden. Die nordrhein-westfälischen Gemeinden haben dieses Recht seit Anfang 2003.

„Die Bagatellsteuern stellen zwar eine willkommene Erhöhung der städtischen Finanzen dar“, sagte ein Sprecher des Deutsche Städtetags. „Die Lösung der Finanzprobleme werden sie aber trotzdem nicht darstellen können.“ So machten Bagatellsteuern lediglich drei Prozent der städtischen Steuereinnahmen aus. Die Vergnügungssteuer habe im Jahr 2002 insgesamt nur 250 Millionen Euro eingebracht. Das sei deutlich zu wenig, um das geschätzte Haushaltsdefizit der Städte und Gemeinden von zehn Milliarden Euro im Jahr 2003 auszugleichen.

Andre Tauber

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