zum Hauptinhalt

Politik: Klimagipfel: Auf dem Sprung

Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) ist von der Industrie oft gescholten worden. Das liegt nicht nur an seiner zuweilen ruppigen Art, sondern hat auch prinzipielle Gründe: Die Wirtschaft kann sich selten dafür begeistern, Umweltschutz-Vorgaben einzuhalten.

Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) ist von der Industrie oft gescholten worden. Das liegt nicht nur an seiner zuweilen ruppigen Art, sondern hat auch prinzipielle Gründe: Die Wirtschaft kann sich selten dafür begeistern, Umweltschutz-Vorgaben einzuhalten. Doch am Dienstag zeigten sich Industrie und Trittin einträchtig. Die Initiative E-Mission 55 ist sogar eigens gegründet worden, um Trittin bei den Klimaverhandlungen in Bonn den Rücken zu stärken.

Immerhin 131 Unternehmen aus ganz Europa fordern die Regierungen der Welt auf, das Klimaschutz-Abkommen von Kyoto endlich in Kraft zu setzen. Initiatoren waren die Deutsche Telekom, der Gerling-Konzern, die Deutsche Bahn, der Otto-Versand, Solar-World, die Stadtwerke Bonn und Versiko.

Dass Klimaschutz ein Jobkiller sein könnte, wie es der amerikanische Präsident behauptet, hält die deutsche Wirtschaft für ausgeschlossen. Dass ein effizienter Einsatz von Energie dem Klima nützt und zudem die eigene Kasse entlasten kann, hat sie mit ihrer erfolgreichen Selbstverpflichtung zur Kohlendioxid-Einsparung (CO2

) schon lange bewiesen. Doch so offensive politische Stellungnahmen sind neu. Allerdings hat nicht nur E-Mission 55 erkannt, dass Klimaschutz werbewirksam sein kann. Die Chemische Industrie, die Kunststoff-Hersteller und die Holzindustrie werben inzwischen sogar mit dem Klima-Argument für ihre Produkte. Das nützt dem Image und kostet nicht viel.

Mit der Freiwilligkeit wäre es allerdings vorbei, wenn das Kyoto-Protokoll doch noch verabschiedet werden sollte, was die deutsche Delegation nach dem ersten Verhandlungstag nicht mehr für ausgeschlossen hält. Dann würde auch der Wirtschaft ein weiterer Beitrag zum Klimaschutz abverlangt. Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, dazu ein Emissionshandels-System einzuführen. Eine Strategie, die auch Großbritannien und Dänemark verfolgen.

Die Idee ist nicht neu. In den USA wird die Verminderung von Schwefeldioxid und Stickoxiden in der Luft über ein solches Handelssystem organisiert. Das soll künftig auch mit CO2

möglich sein. Das New Yorker Emissions-Handelshaus Cantor-Fitzgerald, das in den USA und Kanada bereits reale Treibhausgas-Geschäfte vermittelt hat, will auch in den europäischen Handel einsteigen. Dafür hat das Brokerhaus eine Tochter gegründet: CO2

E.com.

Cantor-Fitzgerald ist nicht das einzige Unternehmen, das sich vom Emissionshandel ein Geschäft verspricht. Auch das vor knapp zwei Jahren gegründete Unternehmen "500 PPP", mit Sitz in Washington und neuerdings auch in Frankfurt am Main, sieht einen Riesen-Markt. 500 PPP hat in Deutschland schon einen erfolgreichen Probelauf hinter sich. Gemeinsam mit dem hessischen Umweltministerium, der Kreditanstalt für Wiederaufbau und Lahmeyer International hat 500 PPP ein Emissionshandels-System für Mittelständler erprobt. Im Gegensatz zur Deutschen Börse, die ihren im vergangenen Jahr angekündigten Handelsversuch "nicht mehr weiterverfolgt", wie ein Sprecher sagt, will 500 PPP in Zukunft tatsächlich Marktplätze für Emissions-Zertifikate aufbauen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false