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Kopenhagen

© dpa

Klimagipfel Kopenhagen: Fast 1000 festgenommene Demonstranten wieder frei

Die dänische Polizei hat sich für den Umgang mit den Klimagipfel-Demonstranten entschuldigt. Viele von ihnen mussten über Stunden gefesselt auf kaltem Asphalt sitzen.

Bei neuen Protesten am Sonntag wurden zwischen 100 und 200 Teilnehmer festgenommen. Als Grund gab die Polizei Waffenbesitz, das Tragen nicht genehmigter Gasmasken und anderer "ungesetzlicher Gegenstände" an.   Die etwa 1000 am Vortag arretierten Klima-Demonstranten sind hingegen fast alle wieder frei. Wie die dänischen Behörden am Sonntagmorgen mitteilten, werden von 968 Betroffenen noch 13 in Arrest gehalten. Lediglich gegen drei gebe es konkrete Verdachtsmomente auf Straftaten, hieß es weiter. Behördensprecher bestätigten die Zahl am Abend und erklärten, man bedaure es, wenn Unschuldige darunter gewesen seien.

Die Polizei sagte, dass sie so gut wie alle Festnahmen "vorbeugend" durchgeführt habe, weil die Betroffenen sich in der Nähe einer kleinen Gruppe gewaltbereiter Demonstranten gehalten hätten. Ein Polizeisprecher entschuldigte sich öffentlich, weil die Festgenommenen bis zu vier Stunden gefesselt und bei Frost auf Asphalt sitzen mussten, ehe sie in eine als Massen-Arrest dienende Lagerhalle transportiert wurden. Sprecher der Demonstranten kritisierten das beispiellos harte Vorgehen der Polizei als "grundlose Kriminalisierung unschuldiger Menschen".

Die Einsatzleitung sei "sehr überrascht" über die hohe Zahl der Festnahmen, hieß es. Die Polizei ging nach ersten Steinwürfen, bei denen ein Beamter leicht verletzt wurde, gegen die Demonstranten vor. Dänemarks Parlament hatte vor der Klimakonferenz die Möglichkeit zu "vorbeugenden" Festnahmen massiv erweitert. Sprecher von Demonstrationsgruppen kritisierten die "massive Kriminalisierung" von Klimademonstranten.

An der Demonstration zum Klimagipfel hatten am Samstag in Kopenhagen und anderen Städten der Welt Zehntausende für ein weitreichendes Abkommen zum Klimaschutz demonstriert. "Genug über das Klima geredet – jetzt müssen Taten folgen!" forderten Klimaschützer weltweit.

Zum Abschluss der Demonstration in Kopenhagen nahm die dänische Ministerin und Konferenzpräsidentin, Connie Hedegaard, zusammen mit dem Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, vor dem Tagungszentrum Bella Center die Forderungen der Demonstranten entgegen. "Ihr habt Recht, wir haben genug geredet und müssen jetzt handeln", sagte Hedegaard am Abend.

Am Sonntag will Hedegaard mit den 48 inzwischen in der dänischen Hauptstadt eingetroffenen Umweltministern zusammenkommen, darunter auch mit dem deutschen Ressortchef Norbert Röttgen (CDU). Offiziell ist der Sonntag als Ruhetag bei der UN-Klimakonferenz eingeplant. Nach den Gesprächen auf Beamtenebene in der ersten Gipfelwoche sollen zu Beginn der zweiten Hälfte die Fachminister in die Verhandlungen eingreifen. Bis zum Ende der Woche werden rund 115 Staats- und Regierungschefs in Kopenhagen erwartet.

Dänemarks Ministerpräsident und Gastgeber Lars Løkke Rasmussen erklärte, es sei noch ein "weiter Weg" bis zu der angestrebten Einigung. Industriestaaten und Entwicklungs- sowie Schwellenländer seien sowohl in Fragen der Verringerung von bedrohlichen Treibhausgasen wie der Finanzierungsfragen noch weit voneinander entfernt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird nach derzeitigem Programm am Donnerstag vor dem Gipfelplenum reden. Sie erhofft sich durch die weltweite Einführung neuer Umwelttechnologien auch zusätzliches Wachstum für Deutschland. Man dürfe allerdings "nicht zulassen, dass Deutschland und die anderen europäischen Industriestaaten weit voran gehen beim Klimaschutz, andere nichts tun und dann Arbeitsplätze bei uns abwerben mit dem Argument, weniger Kosten für den Klimaschutz", sagte sie der Bild am Sonntag.

Das Klimaschutzabkommen, auf das sich 192 Staaten in Kopenhagen verständigen wollen, muss laut Merkel die Erderwärmung wirksam begrenzen. "Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir eine solche Einigung schaffen können", sagte die Kanzlerin. Merkel machte deutlich, dass es in Kopenhagen nur eine Verständigung auf die "zentralen politischen Ziele" geben werde: "Ein völkerrechtliches Abkommen muss dann im nächsten Jahr mit den juristischen Details folgen."

Zur Halbzeit des Gipfels sind bei den Verhandlungen zwar bereits einige Fortschritte erzielt worden. Die Schlüsselfragen – konkrete Ziele für eine Verringerung des CO2-Ausstoßes und die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen – sind jedoch noch nicht geklärt. Hier müssen nach Angaben von Delegierten noch tiefe Gräben überwunden werden, ehe es zum Abschluss des Gipfels am 17. und 18. Dezember kommt.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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