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Hatoyama Yukio

© dpa

Klimapolitik: Japan will grün werden

Der designierte Premier Hatoyama kündigt ein neues Klimaziel an und verspricht Kampf gegen die Bürokratie.

Japans voraussichtlicher Premier Yukio Hatoyama bereitet den Start seiner Reformregierung vor. Er hat einem der Schwergewichte aus seiner Partei die Rolle des obersten Kämpfers gegen die Beamtenschaft zugesprochen. Außerdem bekräftigte er sein Wahlkampfziel, die Treibhausgasemissionen stärker zu senken als bisher geplant. Aus Parteikreisen ist zudem zu hören, dass er mit Masayuki Naoshima einen ehemaligen Toyota-Mitarbeiter mit Gewerkschaftshintergrund für ein Wirtschaftsressort vorsieht.

„Wir sind fest entschlossen, einen Politikwechsel durchzusetzen“, sagte Hatoyama am Montag in Tokio. Vor einer guten Woche hatte er mit seiner Demokratischen Partei eine Parlamentswahl erdrutschartig gewonnen. Der künftige Regierungschef wird sein Kabinett voraussichtlich am 17. September offiziell vorstellen. Wenn Hatoyama von einer Erneuerung Japans spricht, meint er die Schaffung größerer sozialer Sicherheit und mehr Transparenz im Regierungshandeln. Marktnahe Strukturreformen sind dagegen von ihm nicht zu erwarten.

Der 62-jährige Naoto Kan, der als Strategieminister und als Vizepremier einen transparenteren Politistil durchsetzen soll, kommt ursprünglich aus der Bürgerrechtsbewegung. Er ist ein Mitgründer der Demokratischen Partei Japans (DPJ) und war selbst zweimal Parteivorsitzender. Kan hat die Aufdeckung mehrerer Skandale der Vorgängerregierung angestoßen. Kabinettskandidat Naoshima ist offenbar für eines der Finanzressorts oder das Wirtschaftsministerium vorgesehen. Er hat Managementwissenschaft studiert und war hoher Funktionär in der Betriebsgewerkschaft des Toyota-Konzern. Später wurde er Vizevorsitzender des Verbands der Autogewerkgeschaften. In dieser Rolle bekam er 1992 seinen ersten Listenplatz im Parlament über eine der Vorgängerparteien der DPJ.

Mit der Festlegung strengerer Emissionsziele will Hatoyama die Wirtschaft fördern und zugleich etwas fürs Klima tun. Bis 2020 soll der Kohlendioxidausstoß Japans im Vergleich zu 1990 um 25 Prozent sinken, verspricht er. Sein Vorgänger hatte lediglich eine Verringerung von acht Prozent angestrebt. Die Wirtschaft sieht das ehrgeizige CO2-Ziel skeptisch. „Das wird ziemlich schwer zu erreichen sein“, sagt ein Topmanager des Autoherstellers Toyota. Wenn Hatoyama bei der Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember diese Zahl als offiziellen japanischen Beitrag vorstellt, werde das den energieintensiven Industrien aufs Wachstum schlagen. Der Industrieverband Keidanren werde Widerstand gegen ein 25-Prozent-Ziel leisten, hieß es bereits.

Die japanischen Hersteller von Solarzellen wie Sharp, Sanyo oder Kyocera reagieren dagegen mit heller Freude auf die Klimapläne. Analysten von Goldman Sachs haben errechnet, dass Japan zu ihrer Umsetzung seine Solarkapazität verzwanzigfachen müsste. Analysten der Deutschen Bank spekulieren, dass Japan zur Realisierung des Ziels erstmals eine Ökosteuer einführen müsste. Greenpeace bezeichnete Hatoyamas Klimaplan als „das erste Zeichen von Führungskraft seit langem“ aus den Industrieländern. Der Chef des UN-Klimasekretariats Yvo de Boer nannte die Ankündigung „lobenswert“, sagte aber auch, er erwarte einen „realen Wandel in der japanischen Wirtschaft“. Der Grund für die Zurückhaltung liegt in der bisherigen Klimaschutzbilanz Japans. Das Kyoto-Protokoll verpflichtet das Land, die Treibhausgasemissionen zwischen 2008 und 2012 um sechs Prozent zu senken. Tatsächlich sind die japanischen Emissionen jedoch um 8,7 Prozent im Vergleich zu 1990 gestiegen. Minus 25 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990 gilt international als die Untergrenze dessen, was Industrieländer anbieten müssen, um ein ernst zu nehmendes Angebot vorzulegen. Die EU hat minus 30 Prozent versprochen, falls ein neues Klimaabkommen zustande kommt. Die USA haben dagegen bisher lediglich etwa minus vier Prozent angeboten. mit deh

Finn Mayer-Kuckuk[Tokio]

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