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Politik: Klimaschutz: Ein unauffälliger grüner Erfolg - Jürgen Trittin hat erreicht, was zu erreichen war (Kommentar)

Das Klima wird besser. Nicht gleich das Weltklima, das wäre zu viel verlangt von einer deutschen Kabinettsentscheidung.

Das Klima wird besser. Nicht gleich das Weltklima, das wäre zu viel verlangt von einer deutschen Kabinettsentscheidung. Auch die Ozonschicht wird weiter durch die chemischen Bomben aus den Auspuffrohren, Eigenheim-Schornsteinen und Industrieschloten zerstört werden. Allerdings wird Deutschland in Zukunft ein bisschen weniger Anteil an der Zerstörung des Weltklimas haben.

Das liegt unter anderem an dem besseren Klima zwischen den Roten und Grünen in der Koalition. Nach zwei Jahren haben sie sich aneinander gewöhnt und - voneinander gelernt. Die umweltpolitischen Betonköpfe aus dem Verkehrs- und dem Wirtschaftsressort Reinhard Klimmt und Werner Müller haben von Umweltminister Trittin gelernt, dass der Klimaschutz keine grüne Spinnerei ist, sondern eine Notwendigkeit. Und sie haben vielleicht auch verstanden, dass Umweltschutz auch wirtschaftlichen Interessen nutzt, zu mehr Beschäftigung beiträgt und die Ressourcen schont. Auch das spart Geld.

Die Erkenntnis, dass ökologisches Handeln auch einen ökonomischen Sinn macht, ist in den Unternehmeretagen seit Jahren verbreitet - die manchmal etwas monolithisch denkenden Parteizentralen brauchen dafür etwas länger. Aber auch Umweltminister Trittin hat gelernt. Galt er beim unglücklich vorbereiteten Atomausstieg als Umwelt-Rambo, Unternehmerfresser und Bürgerschreck, zeigt er sich bei der Klimapolitik als geschickter Verhandler. Er polarisiert nicht mit einer Forderung nach einem Tempolimit, sondern propagiert höhere Richtwerte für Autoreifen. Natürlich wäre ein Tempolimit für die Umwelt und die Sicherheit auf den Autobahnen sinnvoll - doch das ist mit den Automännern Schröder, Klimmt und Müller nicht zu machen.

Bis zu 18 Millionen Tonnen Kohlendioxid lassen sich einsparen, wenn die Industrie durch die angestrebten Richtwerte zur Produktion umweltfreundlicherer Reifen getrieben wird. Damit gängelt Trittin die Reifenhersteller nicht, sondern beschleunigt allenfalls ihre Entwicklung. Denn diese klimaschonenden Reifen existieren ja bereits, jetzt müssen sie vermehrt verkauft werden. Dasselbe gilt für die Hersteller von Schmierstoffen und Kraftstoffen. Die Konzerne haben diese hocheffizienten Stoffe längst entwickelt. Ein bisschen Druck aus der Politik ist da nur hilfreich.

Wer auf die intelligente Nutzung von Rohstoffen und Waren setzt, muss aber auch den Intellekt der Konsumenten ansprechen. Sie haben gelernt, dass ein Strom sparender Kühlschrank mittelfristig günstiger und für die Umwelt langfristig sinnvoller ist. Gleiches gilt für die Energiesparlampe. Also muss den Menschen nun klargemacht werden, dass sie zwar Auto fahren dürfen, wie auch die Grünen beschlossen haben, aber bitte auf glatten und leisen Reifen.

Trittin hat viel erreicht bei seinen Kabinettskollegen, auch wenn dies leise und unspektakulär daherkommt. Zu hoffen bleibt, dass er auch die nächsten zwei Jahre nutzt, um das ökologische Bewusstsein des Kabinetts weiter voranzutreiben. Denn in den Gesetzen und Verordnungen aus der reformunwilligen Kohl-Ära stauen sich noch weitere Hemmnisse für einen integrierten Klima- und Umweltschutz. Die zu beseitigen, muss nicht mal Geld kosten. Als zukunftsweisendes Projekt würde sich zum Beispiel die Abschaffung der Kilometerpauschale anbieten. Denn es ist in Zeiten des Sparhaushalts und des Klimaschutzes nicht einzusehen, dass nur Autofahrer belohnt werden. Eine Entfernungspauschale, die ökologische Mobilität subventioniert - das wäre der Test, der zeigt, wie lange die rot-grüne Schönwetterperiode anhält.

Ulrike Fokken

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