zum Hauptinhalt

Klimaschutz: "Merkel und Gabriel verspielen ihren Kredit"

Ist es beim Klima wie auf den Finanzmärkten? Regine Günther vom WWF sieht eine "beunruhigende Analogie". In beiden Fällen wisse man, was droht, handele aber nicht. Sie wirft Umweltminister Gabriel und Kanzlerin Merkel vor, ihren Kredit als internationale Klimaschützer im Streit um das EU-Klimapaket "zu verspielen".

Berlin - Das Tempo des Klimawandels hat sich weiter erhöht. Darauf wies der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber hin. "Wir müssen uns auf einen Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter noch in diesem Jahrhundert einstellen“, sagte er. Grund sei die beschleunigte Schmelze des Grönlandeises und der Gletscher im Himalaya.

Die Klimachefin der Umweltstiftung WWF, Regine Günther, sagte: „Derzeit sind wir auf einem Sechs-Grad-Pfad.“ Die Europäische Union strebt an, dass die globale Erwärmung auf zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung um 1800 begrenzt wird. Sechs Grad sind die schlimmste Schätzung, die der Weltklimarat (IPCC) prognostiziert hat, falls es in den kommenden zehn Jahren keinen wirksamen Klimaschutz gibt.

Auch Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) warb für entschlossenes Handeln. Er glaubt nicht, dass die derzeitige Finanzkrise den Klimaschutz ausbremsen könnte. Er sieht darin vielmehr das „Ende der virtuellen Ökonomie, die Rückkehr zur realen Wirtschaft“. Deshalb könnten sich neue Chancen für „klassische Investitionen in Klimaschutz- und Effizienztechnologien“ eröffnen, meint Gabriel.

Regine Günther machte dagegen auf die „beunruhigende Analogie“ der Finanzkrise und der Klimakrise aufmerksam. In beiden Fällen wisse man, was droht, handele aber nicht. Günther warf Gabriel und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, ihren Kredit als internationale Klimaschützer im Streit um das EU-Klimapaket „zu verspielen“. „In Brüssel steht Deutschland nahezu überall auf der Bremse“, klagte sie. Zwar habe sich Gabriel in der Regierung damit durchgesetzt, dass die CO2-Zertifikate für die Stromwirtschaft von 2013 an zu 100 Prozent versteigert werden sollen. Doch bei den energieintensiven Branchen „rennt der Umweltminister in die falsche Richtung“. Er verlange viel zu viele Ausnahmen für Branchen, die aus Günthers Sicht zu Unrecht über Wettbewerbsnachteile klagten. Die Zementindustrie beispielsweise stünde gar nicht im internationalen Wettbewerb. Auch bei der Begrenzung von CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken ist der Umweltausschuss des Europaparlaments der Regierung voraus. Er beschloss, dass von 2015 an nur noch Kraftwerke genehmigt werden dürfen, die weniger als 500 Gramm CO2 pro Kilowattstunde erzeugtem Strom in die Atmosphäre blasen. Dann dürften Kohlekraftwerke nur noch gebaut werden, wenn sie das CO2 einfangen und unterirdisch lagern (CCS). Doch Gabriel setze sich für den Neubau von Kohlekraftwerken ein – ohne CCS. deh/AFP

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false