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Klimaschutz: "Regierungen beginnen zu verstehen“

Die internationale Klimakonferenz tagt derzeit in Bangkok. Dort wird das Nachfolgeprotokoll für den Kyoto-Prozess vorbereitet - doch vor der Wahl des neuen US-Präsidenten wird wohl nicht viel passieren. Yvo de Boer, Chef des UN-Klimarats, über die Bangkok-Gespräche.

Gegenwärtig tagt die internationale Klimakonferenz in Bangkok. Sie nennen das angestrebte Kyoto-Nachfolgeprotokoll das komplizierteste Abkommen aller Zeiten. Was soll in der ersten Verhandlungsrunde erreicht werden?

Im Dezember haben die Länder beim Bali-Klimagipfel Verhandlungsthemen festgelegt: Reduktion von Emissionen sowie Waldschutz, Anpassung an den Klimawandel, Technologietransfer und Finanzen. Hier in Bangkok wollen wir nun verabreden, wann wir welche Themen anpacken. Es geht um einen Arbeitsplan für das laufende Jahr. Regulär stehen vier Treffen an, doch ich glaube nicht, dass sie ausreichen. Ich erwarte in allen Themenbereichen sehr komplexe Verhandlungen. Wir sollten uns schon jetzt auf eine Reihe zusätzlicher Treffen verständigen.

In Bali hat man sich nur mit Ach und Krach darauf geeinigt, überhaupt zu verhandeln. Könnte es so zäh weitergehen?

In Bali war es so schwierig, weil alle Länder das Thema Klimawandel sehr ernst nehmen. Und jetzt ist eine gewisse Nervosität zu spüren. Regierungen beginnen, zu verstehen, worauf sie sich eingelassen haben. Sie sehen, wie kompliziert es wird, sich bis Ende 2009 zu einigen.

Es besteht schon lange der Eindruck, dass die EU fortschrittlich ist und die USA bremsen. Ist das nicht so?

Die EU hat sich verpflichtet, bis 2020 Treibhausgas-Emissionen 20 Prozent unter den Stand von 1990 zu bringen. Alle Staaten, die das Kyoto-Protokoll unterzeichneten, möchten, dass in Verhandlungen der Empfehlung von Wissenschaftlern Rechnung getragen wird. Sie sagen uns, dass reiche Staaten ihre Emissionen bis 2020 um 25 bis 40 Prozent reduzieren sollten. Die USA halten diese Ziele für unrealistisch und verweisen darauf, dass Emissionen bislang, auch in der EU, seit 1990 gestiegen sind. Die USA halten die Ziele für unrealistisch, weil Bevölkerungszahlen steigen und Wirtschaften wachsen. Ich finde es normal, dass bei Verhandlungen Vorschläge gemacht werden und Staaten sagen, was sie für machbar und für nicht machbar halten.

Wie wichtig ist die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl?

Man könnte mit der jetzigen US-Regierung über Emissionsziele verhandeln, aber man müsste die Gespräche mit der neuen Regierung wiederholen. Ich erwarte unabhängig vom Wahlausgang eine progressivere Haltung. Das muss so sein, weil sich in der US-Öffentlichkeit ein Meinungswandel vollzogen hat.

Das Gespräch führte Moritz Kleine- Brockhoff.

Yvo de Boer (53) ist seit August 2006 Leiter des Sekretariats der  UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC) mit Sitz in Bonn. Das Sekretariat organisiert Klimagipfel.

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