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Klimawandel: Warum Europa den Entwicklungsländern hilft

Die EU will die Entwicklungsländer beim Klimaschutz finanziell unterstützen. Das ist auch nötig, denn viele Staaten der Dritten Welt leiden bereits unter den Veränderungen. Doch das ist nicht der einzige Grund für die Soforthilfe.

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union bieten den Entwicklungsländern Soforthilfen im Kampf gegen den Klimawandel. Bis zum Jahr 2012 sollen ihnen insgesamt 7,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.

Warum gibt die EU das Geld

an die Entwicklungsländer?

Es soll ein deutliches Signal für die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen sein, die in der kommenden Woche in die entscheidende Phase geht. Die ärmeren Länder sind von der globalen Erwärmung besonders betroffen und sollen deshalb zwischen 2010 und 2012 eine Art Anschubfinanzierung erhalten. Die EU hofft nun, dass die übrigen Industriestaaten ihrem Beispiel folgen und in Kopenhagen ebenfalls beträchtliche Milliardensummen zur Soforthilfe beisteuern. Die Ankündigung verfehlte ihre Wirkung nicht: Der Chef des UN-Klimasekretariats, Yvo de Boer, sagte, das Signal aus Brüssel sei eine „riesige Ermutigung“.

Das Gelingen der Kopenhagener UN-Konferenz hängt aber nicht nur davon ab, wie viel sich die Industrieländer die Anschubfinanzierung zwischen 2010 und 2012 kosten lassen. Mindestens genauso entscheidend sind die folgenden Jahre bis 2020. Auf 100 Milliarden Euro wird der jährliche Bedarf ab 2020 geschätzt. Europa will sich dabei mit etwa 30 Milliarden Euro beteiligen.

Handelt es sich bei der Soforthilfe

um frisches Geld?

Nach den Worten des amtierenden EU-Ratspräsidenten Frederik Reinfeldt setzt sich die Summe von 7,2 Milliarden, die die Europäer für die Soforthilfe ausgeben wollen, aus „einer Mischung aus alten und neuen Mitteln“ zusammen. Sprich: In der Klimahilfe finden sich auch Zusagen wieder, die die EU-Staaten den Entwicklungsländern bereits in der Vergangenheit gegeben haben. Beim deutschen Beitrag handelt es sich um frisches Geld, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel „Das ist Geld, das wir bislang nicht verwendet haben“, erklärte sie mit Blick auf die von der Bundesregierung zugesagte Summe von 1,26 Milliarden Euro.

Nichtregierungsorganisationen befürchten allerdings, dass die Industrieländer die Klimaschutzhilfen auf ihre langfristigen Zusagen bei der Entwicklungshilfe anrechnen. Nach einem EU-Stufenplan sollen die Europäer im kommenden Jahr einen Anteil von 0,51 Prozent am Bruttoinlandsprodukt für die Entwicklungshilfe leisten. Bis zum Jahr 2015 soll der Anteil auf 0,7 Prozent wachsen. Diesen Betrag haben die Industriestaaten den Entwicklungsländern schon in den siebziger Jahren zugesagt. Außer einigen skandinavischen Staaten zahlt aber noch kein Industrieland diese Summe. Deutschland liegt derzeit bei etwa 0,38 Prozent. Der Bundestag hat vergangene Woche beschlossen, dass die Klimaschutzzahlungen auf die 0,7-Prozent- Quote angerechnet werden sollten. Das haben Umweltminister Norbert Röttgen und die Kanzlerin aber wieder infrage gestellt.

Jan Kowalzig, Klimareferent der Hilfsorganisation Oxfam, glaubt hingegen, dass das in Brüssel zugesagte Geld für den Klimaschutz am Ende bei Bildung, Gesundheitsvorsorge oder Armutsbekämpfung in den ärmeren Ländern fehlen wird. „Für die Entwicklungsländer ist das ein Nullsummenspiel“, kritisiert Kowalzig.

Wie teilen die EU-Staaten die zugesagte Summe untereinander auf?

Alle 27 EU-Länder leisten einen Beitrag zur Soforthilfe – auch die von der Finanzkrise besonders betroffenen baltischen Staaten und das schuldengeplagte Griechenland. Während Bulgarien nur einen symbolischen Anteil von 60 000 Euro beisteuert, stehen Großbritannien mit rund 1,7 Milliarden Euro sowie Deutschland und Frankreich mit jeweils 1,26 Milliarden an der Spitze der Geldgeber.

Welche Klimaprobleme

haben die Entwicklungsländer?

Viele Entwicklungsländer leiden schon heute unter den Folgen des Klimawandels. China beispielsweise hat zwischen 1990 und 2008 jedes Jahr rund 0,78 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) verloren, weil wetterbedingte Katastrophen jährliche wirtschaftliche Schäden von durchschnittlich 25,9 Milliarden Dollar hinterlassen haben. Für ein kleines, armes Land wie Honduras bedeuten die jährlich etwa 660 Millionen Dollar Verluste bereits einen Einbruch im BIP um 3,3 Prozent. Das hat die Entwicklungsorganisation Germanwatch auf der Basis der Zahlen der Münchener Rück errechnet.

Konkret wird das Geld gebraucht, um in Entwicklungsländern erst gar nicht in eine klimaschädliche fossile Infrastruktur wie etwa eine Stromversorgung auf Kohlebasis zu investieren, sondern gleich auf Wind, Sonne und Erdwärme zu setzen. Noch liegen die Kosten dafür etwas höher als für konventionelle Kraftwerke. Diese Mehrkosten wollen sich die Entwicklungsländer von den Industrieländern erstatten lassen. Außerdem ist eine bessere Katastrophenvorsorge nötig. So sind in Bangladesch auf höheren Gebieten Schutzräume gebaut worden, in die Menschen fliehen können, wenn beispielsweise ein Zyklon bevorsteht. Und in Mosambik sind Dorfbewohner mit Mobiltelefonen und einfachen Messgeräten – ein langer Faden mit einem Gewicht daran – ausgestattet worden, um Hochwasser am Sambesi-Fluss besser vorhersehen zu können. Über ihre Mobiltelefone geben sie die Messergebnisse an die Menschen weiter, die unterhalb des Flusses leben und so rechtzeitig vor einer Flut gewarnt werden können.

Der dritte Aspekt ist die Anpassung an die Erderwärmung. In Äthiopien und im Nordosten Kenias sind die Regenzeiten nicht mehr vorhersehbar. Alte Getreidesorten oder Wanderwege der Hirten mit ihren Herden können das Überleben der Menschen nicht mehr sichern. Anpassung bedeutet hier: Regenwasserspeicherung, andere Bewässerungssysteme und neue trockenresistente Getreidesorten. An der Küste kann Anpassung bedeuten, dass Siedlungen aufgegeben werden und Menschen eine neue Heimat finden müssen. Oder, dass Dämme gebaut werden, um Städte vor dem steigenden Meeresspiegel zu schützen.

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