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Klimawandel: Wo es um die Kohle geht

Die Emissionen von Treibhausgas sind die Deutschland wieder gestiegen. Der Weltklimarat rät dringend zu schnellem Handeln. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht?

Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, beteuert: „Die deutsche Regierung weicht nicht von ihrem Klimakurs ab.“ Das war seine Antwort auf die Frage, warum in Deutschland der Kohlendioxidausstoß 2013 im zweiten Jahr in Folge wieder gestiegen ist. Flasbarth analysierte, dass vor allem der Brennstoffwechsel von Gas zu Kohle in der Stromerzeugung für diese klimaschädliche Entwicklung verantwortlich ist. Dieser so produzierte Stromüberschuss wird überwiegend exportiert. Der Grund dafür liegt in sinkenden Kohlepreisen auf dem Weltmarkt und dem Zusammenbruch des europäischen Emissionshandels. Die Tonne Kohlendioxid (CO2) kostet nunmehr seit mehreren Jahren weniger als fünf Euro. Erst von einem Preis zwischen 20 und 30 Euro an wäre das ein Signal an Unternehmen, ihre Investitionsentscheidungen zu überdenken.

Doch Flasbarth gab am Sonntag auch zu, dass „die Energiewende ihre Legitimation verliert, wenn sie nicht zu dauerhaft sinkenden Treibhausgasemissionen führt“. Flasbarth wiederholte, was seine Chefin, Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD), bereits angekündigt hat: Sein Haus werde einen Klimaaktionsplan vorlegen. Der wird sich vor allem auf Emissionsminderungen in den Haushalten und im Verkehr konzentrieren müssen, denn etwa die Hälfte der CO2-Emissionen in Deutschland aus der Strom- und der industriellen Produktion ist vom Emissionshandel erfasst. Und auf den „hat auch eine reformorientierte deutsche Bundesregierung kaum Zugriff“, sagte Flasbarth.

Der Umweltstaatssekretär deutete aber auch an, dass die Regierung „an die Überkapazitäten“ im Stromsystem herangehen wolle. Der ehemalige Umweltminister Klaus Töpfer hatte am Freitag von einem „Kohlekonsens“ gesprochen, der notwendig sei, um aus der klimaschädlichen Stromerzeugung bis 2050 auszusteigen. Flasbarth griff die Ankündigung von Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) auf, der schon vor wenigen Tagen angekündigt hat, sich unmittelbar nach der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes mit dem Strommarkt und dem Umbau des bestehenden Stromerzeugungssystems beschäftigen zu wollen. Auf die Frage, warum Deutschland in den aktuellen Haushaltsberatungen die Mittel für den internationalen Klimaschutz nicht erhöht, sagte Flasbarth, im Etat des Umweltministeriums seien diese Mittel gestiegen. Das ist allerdings darauf zurückzuführen, dass der Sonderhaushalt „Energie- und Klimafonds“, der aus Auktionserlösen des Emissionshandels gespeist werden sollte, wegen der Krise des CO2-Handels nahezu leer ist. Die Mittel, die über diesen Fonds eingesammelt wurden, werden nun in den Bundeshaushalt übertragen; erhöht werden sie nicht. Dasselbe gilt für die im Entwicklungsetat vorgesehenen Klimamittel, weshalb Flasbarth auch davon sprach, dass diese „im Verlauf der Haushaltsverhandlungen noch steigen“ sollten.

Unbequeme Debatten für Deutschland

Andreas Löschel, als Leiter des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Bericht beteiligt, sieht neue Konflikte aufziehen. Die Erkenntnis, dass die globale Erwärmung ohne die umstrittene CCS-Technologie, die Abscheidung und Speicherung von CO2, wohl kaum unter zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu halten ist, dürfte gerade in Deutschland nicht gut ankommen. Er sagte dem Tagesspiegel: „Wir werden uns mit diesen Technologien auseinandersetzen müssen.“ Jennifer Morgan vom amerikanischen Thinktank WRI und selbst Gutachterin für den IPCC, sagte, der Bericht liefere "kosteneffiziente Möglichkeiten für den Klimaschutz" und warnte vor Investitionen in fossile Infrastruktur, denn sie legten die Ökonomien über einen langen Zeitraum auf den klimapolitisch falschen Pfad fest.

Die Grünen sehen im IPCC-Bericht vor allem eine Bestätigung für ihre Anti-Kohlepolitik. Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, sagte dem Tagesspiegel: "Kohle steht nicht nur den Erneuerbaren sondern auch dem Klimaschutz im Wege." Die klimapolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion, Annalena Baerbock aus Brandenburg sagt: "Klimaschutz heißt: Raus aus der Kohle." Beide fordern zudem einen Mindestpreis für Kohlendioxid, wie es ihn in Großbritannien und den Niederlanden schon gebe.

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