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Politik: Knapp über drei Millionen

Im April waren so Wenige ohne Beschäftigung wie seit 19 Jahren nicht mehr. Gewerkschaften warnen: Viele Prekäre und Minijobber

Berlin - Noch im vergangenen Herbst war es ein Großereignis, als die Arbeitslosenzahl in Deutschland unter die Marke von drei Millionen rutschte. Ursula von der Leyen (CDU), die zuständige Ministerin, ließ es sich nicht nehmen, die Nachricht höchstselbst zu verkünden. In den kommenden Monaten dürften derlei Zahlen indes zur Normalität werden. „Es ist zu erwarten, dass es im Mai unter die drei Millionen geht“, sagte Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), am Donnerstag in Nürnberg. Dies sei die Folge des stabilen Wirtschaftsaufschwungs. „Man kann sagen, dass die Auswirkungen der Krise weitgehend überwunden sind.“

Zuvor hatte Weise verkündet, dass die magische Marke im April nur knapp verfehlt worden ist. 3,078 Millionen Menschen ohne Arbeit haben die Statistiker gezählt, das waren gut 132 000 weniger als noch im März. Die Arbeitslosenquote sank auf 7,3 Prozent. In einem April waren damit seit 19 Jahren nicht mehr so wenige Menschen ohne eine Beschäftigung. In den Wochen nach Ostern stellen die Unternehmen erfahrungsgemäß mehr Personal ein, weil dann die Ferien zu Ende sind. Zudem dürften die zusätzlichen Aufträge durch den Frühjahrsbeginn eine weitere Entlastung bringen.

Von der Belebung profitieren aber nicht alle gleichermaßen: Der Anteil der Langzeitarbeitslosen ist leicht gestiegen, weil ihre Zahl nicht im gleichen Tempo wie die gesamte Arbeitslosigkeit zurückgeht. Auch Ältere ab 60 Jahren profitieren in geringem Umfang.

Gleichwohl gebe es Risiken, gab Weise zu bedenken – die Wirtschaftsprobleme in den USA, die Schuldenkrise in Europa und die Katastrophen in Japan. Die Lieferengpässe aufgrund der Zerstörungen in Japan machten sich aber bisher kaum bemerkbar, nur 1000 Beschäftigte seien derzeit in Kurzarbeit, erklärte die BA.

In Berlin gab es allerdings nur eine schwache Erholung. In der Hauptstadt sank die Arbeitslosenzahl um lediglich 2300 auf 238 300. In Brandenburg war die Entwicklung etwas besser, dort meldeten sich 9000 Erwerbslose bei den Arbeitsagenturen ab, nur noch 148 000 suchen derzeit eine Stelle. In puncto Arbeitslosenquote steht in Ostdeutschland nur Thüringen besser da. Berlin ist hier wie auch bundesweit das Schlusslicht.

Arbeitsministerin von der Leyen bezeichnete die Nürnberger Zahlen als „unspektakulär, aber solide“. Im Augenblick sei der Arbeitsmarkt „aufnahmefähig wie ein Schwamm“. Der freie Zugang für Arbeitnehmer aus den osteuropäischen EU-Staaten zum deutschen Arbeitsmarkt ab 1. Mai sei eine Chance für die Firmen, den Mangel an Fachkräften auszugleichen. Die BA rechnet mit bis zu 140 000 Menschen, die in diesem Jahr nach Deutschland kommen. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) sagte, es werde immer wichtiger, die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte zu erleichtern.

Die Gewerkschaften bewerteten die Zahlen anders. Es gebe immer mehr Ungleichheit, der Jobmarkt sei gespalten, sagte Claus Matecki, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund. „Immer mehr Minijobber und sonstige prekäre Beschäftigungsformen stürzen die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Niedriglohnfalle.“

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