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Politik: Knurren aus London

Die Solidarität mit den USA hat Blair den Spitznamen „Bushs Pudel“ eingebracht. Doch wegen Nahost und Irak gibt es Differenzen

Die britische Diplomatie übt sich im Verhältnis zu den USA in kritischer Solidarität. In der Nahost-Politik gibt es Differenzen zwischen beiden Ländern, und beim Thema Irak spielen die Briten auf Zeit. Zum Abendessen besprach Regierungschef Tony Blair bei seinem Freund Gerhard Schröder am Samstag in Hannover die Schlängelwege der Irak-Diplomatie. Blairs Profil als „Bushs Pudel“ hat dabei aber ebenso wie das des deutschen Bundeskanzlers als unversöhnlicher Gegner der US- Irakpolitik an Schärfe verloren.

Aus London überwiegen derzeit die Bremssignale. Zwar will man in der Downing Street von Medienberichten über „intensive Frustration“ über den amerikanischen Präsidenten George W. Bush nichts wissen. Aber in einem Interview warnte Blair die Amerikaner vor einer „gefährlichen Welle des Antiamerikanismus“ bei den Muslimen. Die Amerikaner müssten sich auf „fundamental längerfristige Weise mit der arabisch-muslimischen Welt“ einlassen.

Blair dürfte vor allem an seinen gescheiterten Versuch gedacht haben, in einer Parallelaktion mit der Irak-Politik den Friedensprozess im Nahen Osten flott zu kriegen. Er glaubt sich dazu berufen, weil er im Nordirlandkonflikt vormachte, wie man mit „Terroristen“ diplomatische Fortschritte machen kann. Auf dem Labourparteitag im September forderte er umfassende Friedensgespräche „noch in diesem Jahr". Großbritannien hofierte den syrischen Präsidenten Al Assad und eröffnete den diplomatischen Dialog mit Iran und Libyen. Blair verbrachte seinen Urlaub in Ägypten und sprach mit Präsident Mubarak und dem jordanischen König Abdullah – alles, um der arabischen Welt zu zeigen, dass man die politische Balance gegenüber der Region keineswegs verloren hat. Doch Israels Premier Ariel Scharon hatte offensichtlich den besseren Draht nach Washington. Aus dem großen Plan wurde – mangels US-Unterstützung – eine Konferenz über die Reform der palästinensischen Regierung. Auch diese ließ Scharon platzen. Der palästinensischen Delegation verweigerte er die Reisegenehmigung. Tagelang versuchte der britische Botschafter in Tel Aviv vergeblich, Blairs schriftlichen Appell auszuhändigen. Nur Bush hätte ein Machtwort sprechen können. Aber das tat er nicht. Dennoch setzt Blair seine Mission fort. Die Konferenz soll trotz allem stattfinden – die Palästinenser sind am Telefon dabei.

Neue Differenzen mit Washington zeichnen sich im Countdown zum 27. Januar ab, wenn Hans Blix den Bericht der UN-Waffeninspekteure vorlegt. London spielt die Bedeutung des Datums bewusst herunter. Doch sicherheitshalber will sich Blair vorher nicht nur mit Blix, sondern auch mit seinem Freund George W. Bush besprechen. London hofft auf eine Verschiebung des Krieges.

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