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Koalition: Kein Durchbruch in der Gesundheit

Auch nach der zweiten Sitzung der Koalitions-Arbeitsgruppe ist in der Gesundheitspolitik keine Einigung in Sicht. Bei dem künftigen Modell seien alle Optionen offen. Die Beteiligten zeigten sich jedoch optimistisch.

Berlin - Im Ringen um die Gesundheitsreform halten sich die Experten der großen Koalition alle Optionen offen. «Zum Schluss werden alle Dinge zusammengebunden», sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) am Montag nach der zweiten Sitzung der Koalitions-Arbeitsgruppe unter Leitung von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in Berlin. Er kritisierte, dass ständig Tabus aufgestellt würden. Nun werde zunächst geprüft, wie die Strukturen des Gesundheitswesens verbessert werden könnten. Die Beteiligten gaben sich optimistisch, dass die Reform für 2007 stehen kann. Eine Einigung zwischen Union und SPD auf ein Modell war nicht absehbar.

«Es gab keinerlei Festlegungen», sagte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er rechne mit Wochen langen Verhandlungen, das Ziel sei aber zu halten. Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Elke Ferner sagte, zunächst werde über Ausgaben im Gesundheitswesen und Strukturveränderungen gesprochen. Dabei geht es laut Zöller um eine Verzahnung von ambulanter und stationärer Behandlung, mehr Wahlmöglichkeiten für Versicherte und mehr Wettbewerb. Anfang Juni soll die Finanzierung geklärt werden. Beide Seiten warnten davor, mit einer zu frühen Festlegung auf ein Modell die Reform zu gefährden. Schmidt und Zöller wollten den Spitzen der Koalition am Montagabend im Kanzleramt den Stand ihrer Beratungen präsentieren.

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer warnte die Bundesregierung davor, bei der Gesundheitsreform den gesetzlich Versicherten neue Lasten aufzubürden. Es sei falsch, die Arbeitgeberbeiträge einzufrieren und allein die Versicherten die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen finanzieren zu lassen, kritisierte er bei der zentralen DGB-Kundgebung zum 1. Mai in Wolfsburg.

Der designierte SPD-Chef Kurt Beck will sich dafür einsetzen, dass es nicht zum Einfrieren der Arbeitgeberbeiträge kommt. «Ich werde darum ringen, dass nicht eine Gruppe der Gesellschaft von den Belastungen abgekoppelt wird», sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident in Bad Kreuznach. Es dürfe auch keine Zwei-Klassen- Gesellschaft geben. Medizinischer Fortschritt müsse jedem, der ihn brauche, zur Verfügung stehen - der Familie mit vier Kindern und kleinem Einkommen genauso wie dem Alleinstehenden mit gutem Gehalt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte Belastungen durch die Gesundheitsreform an. Ein Patient müsse wissen, was die Behandlung, der er sich unterziehe, koste, sagte sie am Samstag in Königswinter bei Bonn. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) betonte: «Die Belastungen werden steigen.» Die Grünen-Gesundheitsexpertin Biggi Bender befürchtet, dass nur ein Kompromiss zur «politischen Gesichtswahrung» der Koalitionspartner zu Stande kommt.

Der strittige Vorschlag von Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) nach einem «Gesundheits-Soli» und einem Fonds spielte bei der Sitzung am Montag nach Teilnehmerangaben keine Rolle. Die Überlegungen Kauders stießen in den eigenen Reihen weiter auf Kritik. «Eine immer stärkere Steuerfinanzierung der sozialen Sicherungssysteme halte ich nicht für richtig», sagte der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte der «Bild»-Zeitung (Dienstag): «Der Gesundheits-Soli ist in keiner Form beschlossen.»

Kauder hatte einen Fonds vorgeschlagen, in den Bürger und Firmen ihre Kassenbeiträge zahlen und in den auch Steuergelder fließen sollen. Aus dem Fonds bekämen die Kassen einen einheitlichen Betrag für jeden Versicherten. Wer viele Alte und Kranke versichert, soll einen Zuschlag erhalten. Falls eine Krankenkasse damit nicht auskommt, müsste sie eine Extraprämie erheben. Ex-Gesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) stellte sich in der «Süddeutschen Zeitung» hinter Pläne Kauders für einen Gesundheits-Solidarzuschlag. Ulla Schmidt hatte Sympathie für das Fondsmodell gezeigt.

Die Union hatte sich ursprünglich für eine einkommensunabhängige Kopfpauschale ausgesprochen. Die SPD will die Finanzierung mit der Bürgerversicherung ausweiten. Ärztepräsident Jörg-Dietrich Hoppe drohte in der «Ärzte Zeitung» mit schärferen Protesten der Mediziner und warnte die große Koalition vor einer Gesundheitsreform gegen die Interessen der Ärzte. (tso/dpa)

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