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Politik: Koalition steht – Nachtragsetat droht

Am Morgen feiert Rot-Grün den Vertrag, am Abend sagt der Finanzminister: Unsere Schulden werden zu hoch

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Berlin. Deutschland wird in diesem Jahr die europäische Defizit-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht einhalten. Finanzminister Hans Eichel sagte am Mittwochabend, im Bundeshaushalt klaffe ein „deutliches Loch“. Über einen Nachtragshaushalt für 2002 werde im November entschieden. Wenige Stunden zuvor hatten Bundeskanzler Gerhard Schröder und Vizekanzler Joschka Fischer die Koalitionsvereinbarung für die gemeinsame rot-grüne Bundesregierung unterschrieben. Als Minister für Bauen, Verkehr und Aufbau Ost wurde überraschend der ehemalige Brandenburger Ministerpräsident Manfred Stolpe benannt.

Von Robert von Rimscha

und Antje Sirleschtov

Neu im Kabinett ist auch Justizministerin Brigitte Zypries (SPD); das Familienressort übernimmt Bayerns frühere SPD-Chefin Renate Schmidt. Schröder sagte, Rot-Grün wolle „die Dekade bestimmen“. Dies sei die Aufgabe, die aus dem „historischen Wahlerfolg“ am 22. September erwachse. Die nun anzupackenden Reformen hätten Auswirkungen „weit über vier Jahre hinaus“. Fischer sprach von einer „schwierigen und anspruchsvollen“ Zeit, die vor Rot- Grün liege. Der Elan, mit dem man die Aufgabe angehe, sei „das Gegenteil von Mutlosigkeit“. CDU-Chefin Angela Merkel griff Rot-Grün scharf an. Die Koalition habe einen „absoluten Rückschritt“ beschlossen. „Es wird weitergewurstelt“, sagte Merkel.

Den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit bezeichnen SPD und Grüne im Koalitionsvertrag als „zentrale Aufgabe“. Dem Mittelstand werden als Wachstumsimpuls die nächsten Steuerreformstufen, Bürokratieabbau und das „Nutzen von Spielräumen zur Senkung der Lohnnebenkosten“ versprochen. „Bis 2006 werden wir einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden vorlegen“, heißt es in der Vereinbarung. Für den 2004 auslaufenden Hauptstadtvertrag wird eine Anschlussregelung zu Gunsten der Stadt Berlin angestrebt.

In der Außenpolitik betont Rot-Grün „die Vertiefung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses“ als „entscheidendes Ziel unserer Politik“. Ein ständiger deutscher Sicherheitsrats-Sitz soll deshalb nur angestrebt werden, „wenn ein wünschenswerter europäischer Sitz nicht erreichbar scheint“. Die Regierung zeigt sich „entschlossen, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus im Rahmen der weltweiten Koalition fortzuführen und wo erforderlich zu intensivieren“. Statt von „uneingeschränkter Solidarität“ ist nun von „fortgeltender Solidarität“ die Rede.

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