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Koalitions-Streit: CDU trägt "Gleichbehandlungsgesetz" mit

Trotz deutlich vernehmbaren Murrens wird die Unions-Spitze die Umsetzung der "EU-Antidiskriminierungsrichtlinie" mittragen. Mit dem Gesetz gehe die Welt nicht unter, hieß es nach der Präsidiumssitzung.

Berlin - Der drohende Koalitionskrach über das neue Antidiskriminierungsrecht ist vorerst abgewendet. Trotz massiver Bedenken akzeptierten die CDU-Länderchefs den von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit ausgehandelten Kompromiss mit dem Koalitionspartner SPD. Bei dem nun geplanten «Gleichbehandlungsgesetz» geht es um den Ausschluss der Benachteiligung von Personengruppen - wie Homosexuelle oder Behinderte - im Arbeitsrecht und im Geschäftsleben.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte am Montag, in der Präsidiumssitzung seiner Partei sei der Vorschlag aus dem Koalitionsausschuss als «im Kern richtig» gewertet worden sei. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass es im weiteren Verfahren noch zu Änderungen kommen könnte. Aus der SPD waren am Sonntag Mahnungen zu mehr Koalitionsdisziplin gekommen. Die Kritik in der Union hielt indes an. Aus den Ländern wurden weiterhin Nachbesserungen gefordert. Die FDP forderte die Länder auf, dem Gesetz im Bundesrat nicht zuzustimmen.

Stoiber: Änderungen nur in Details

Der CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber sieht mögliche Änderungen aber nur noch in Details. «Wesentliches wird da nicht mehr änderbar sein», sagte Stoiber nach einer Sitzung des CSU-Vorstandes in München. Er begrüßte ausdrücklich das Diskriminierungsverbot wegen Behinderung sowie die Kirchenklausel, die über die EU-Richtlinie hinaus gehen. Die Kirchen können demnach in ihrem Bereich eine Kirchenzugehörigkeit zur Bedingung für eine Anstellung machen. Zur Aufnahme der sexuellen Identität sagte Stoiber, dies sei «sicher nicht mein Herzensanliegen» gewesen.

Der nordrhein-westfälische Europaminister Michael Breuer (CDU) sagte der dpa: «Wir tun uns schwer mit Regelungen, die das EU-Recht mehr als eins zu eins umsetzen. Wir setzen darauf, dass unsere guten Argumente im Gesetzgebungsverfahren Gehör finden.» Bedenken kamen auch aus der Unions-Mittelstandsvereinigung. Deren Chef Josef Schlarmann erinnerte daran, dass die Umsetzung von EU-Vorgaben laut Koalitionsvereinbarung «nur auf das Notwendigste» beschränkt bleiben sollte.

Gesetzentwurf am Mittwoch im Kabinett

Nach der CDU-Verständigung soll nach dpa-Informationen der entsprechende Gesetzentwurf am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden. Nach jahrelangem Streit würde damit erneut mit der Umsetzung der vier entsprechenden EU-Richtlinien in das deutsche Recht begonnen, nachdem ein erster Anlauf in Zeiten der rot-grünen Koalition wegen des Endes der Wahlperiode gescheitert war. Mit dem Gesetz dürften Personen nicht mehr wegen ihrer Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Religion und Weltanschauung benachteiligt werden. Ein Diskriminierungsverbot besteht auch wegen Behinderung, Alter und sexueller Identität.

Aus Reihen der CDU-Ministerpräsidenten war besonders kritisiert worden, dass Betriebsräten oder Gewerkschaften ein eigenständiges Klagerecht eingeräumt soll, wenn sie Benachteiligungen im Arbeitsleben feststellen. Die Regierungschefs befürchten unnötige Prozesse und Behinderungen für die Wirtschaft. Umstritten war, ob die Benachteiligung wegen sexueller Identität in jedem Fall auch im Geschäftsleben ausgeschlossen werden soll.

"Welt geht nicht unter"

Um der internen Kritik zu begegnen, legte Pofalla im Präsidium eine Liste von Punkten vor, die die Union aus seiner Sicht durchgesetzt hat. Der sächsische CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt sagte hinterher: «Sicherlich geht die Welt nicht unter, wenn man das Gesetz in dieser Form beschließt.» Seine Sympathie habe es aber nicht. Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff meinte, die Zustimmung der Unions-Länder im Bundesrat sei noch nicht abschließend geklärt. Allerdings handele es sich ohnehin nur um ein Einspruchsgesetz, bei dem der Bundesrat vom Bundestag überstimmt werden kann.

«Das Gesetz ist ein Monstrum, was so nicht hätte kommen sollen», sagte Wulff am Mittag bei einer Buchvorstellung. Er mahnte nach der CDU-Sitzung an, dass die Union stärker auf die Durchsetzung ihrer Positionen achten solle: «In der großen Koalition müssen große Kröten geschluckt werden. Die Kunst ist, sich trotzdem nicht zu verschlucken.» (tso/dpa)

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