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© dpa

Koalitionsbruch: SPD stemmt sich gegen Neuwahlen in Schleswig-Holstein

CDU-Chef Carstensen will die Koalition auflösen und die Bürger zur Wahl rufen. Sein Kontrahent Stegner jedoch mauert: Auf solche Spielchen lasse er sich nicht ein.

Von einer wirklichen Partnerschaft unter Koalitionspolitikern kann schon seit Längerem nicht mehr die Rede sein, jetzt ist das Band zwischen den beiden Regierungsparteien CDU und SPD endgültig zerschnitten. Die Genossen in Schleswig-Holstein wollen die von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen geplante vorzeitige Auflösung des Landtags nicht mittragen.

Die Sozialdemokraten werde ihm dafür "nicht die Hand reichen", bekräftigte Fraktionsvorsitzende und SPD-Landeschef Ralf Stegner im ARD-Morgenmagazin. Die SPD wolle ihre Arbeit tun. Auch in Schleswig-Holstein seien in Zeiten der Krise viele Arbeitsplätze bedroht.

Die Abstimmung über die Neuwahl soll jedoch am Montag stattfinden, wie das Landesparlament am Donnerstag beschloss. Ursprünglich war der Freitag vorgesehen.

Stegner, SPD-Spitzenkandidat für die nächste Landtagswahl, sprach im Hinblick auf den Koalitionsbruch von "vorgeschobenen Argumenten" des Koalitionspartners: Die CDU wolle "ablenken von den Pannen im Atomkraftwerk Krümmel und von skandalösen Millionen-Zahlungen" an den Vorstandschef der HSH Nordbank, Dirk Jens Nonnenmacher. "Das ist nicht redlich." Im NDR bekräftigte Stegner seinen Standpunkt: "Die Begründung war nicht ehrlich."

"Eine alte und stolze Partei"

Stegner wandte sich gegen "wahltaktische Spielchen" im Hinblick auf einen für die CDU möglicherweise günstigen frühen Wahltermin Ende September. Darauf werde sich seine SPD, "eine alte und stolze Partei", so Stegner, nicht einlassen. "Die Verfassung ist doch kein Abreißkalender." Stattdessen sieht er Regierungschef Carstensen am Zug. "Der Ministerpräsident kann ja zurücktreten."

Zu der Kritik an seiner Person und damit zur persönlichen Verantwortung für die Dauerkrise der Kieler Koalition sagte Stegner lediglich: "Wenn man kein rundes Nichts ist und Ecken und Kanten hat, gefällt das nicht jedem." Im Übrigen gehe es nicht darum, seine Befindlichkeiten zu pflegen.

Zuerst das Land, dann die Koalition

Am Mittwochabend hatte die CDU überraschend die Koalition mit der SPD aufgekündigt und hat deshalb an diesem Donnerstag im Kieler Landtag einen Dringlichkeitsantrag eingebracht, mit dem eine Abstimmung über die Auflösung des Parlaments am Freitag ermöglicht werden soll. Diesem Antrag folgten die Abgeordneten einstimmig und machten so den Weg zur Abstimmung über die Auflösung des Parlaments frei. Ziel sind Neuwahlen am 27. September, dem Tag der Bundestagswahl und gut acht Monate vor dem regulären Termin für die Landtagswahl am 9. Mai 2010. Carstensen bekräftigte seine Entscheidung: Dies sei die offenste und ehrlichste Weise, mit der schwierigen Situation umzugehen. "Zuerst kommt das Land und dann die Koalition."

Ohne Ja-Stimmen aus Reihen der SPD können die Christdemokraten aber die für ihren Antrag erforderliche Zweidrittelmehrheit nicht erreichen. Um Neuwahlen zu erzwingen, müsste Carstensen selbst zurücktreten oder so wie einst Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bundestag die Vertrauensfrage stellen. Aller Voraussicht nach würde Carstensen dann jede Fraktion die Gefolgschaft verweigern, der Landtag würde aufgelöst und die Bürger in Schleswig-Holstein vorzeitig zu den Wahlurnen gerufen.

Der CDU bliebe aber auch der Weg in eine Minderheitsregierung. Dafür müsste Carstensen alle vier SPD-Minister aus der Koalition entlassen. Dies könnte auch deshalb eintreten, da mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushalts die möglicherweise letzte, unbedingt erforderliche Entscheidung in dieser Wahlperiode gefallen ist.

In den vergangenen gemeinsamen vier Regierungsjahren kam es zwischen den beiden Koalitionspartnern immer wieder zu Querelen und Streitigkeiten. Viele Beobachter sehen dabei SPD-Landeschef Stegner im Mittelpunkt der Rangeleien. Er gilt als ehrgeiziger und unbeirrbarer Sturkopf, der mit Carstensen, vom Typ her eher volksnaher Landesvater, ständig über Kreuz liegt.

Auch der CDU-Politiker gab Stegner persönlich die Schuld am Scheitern der Zusammenarbeit. Dieser habe sich immer wieder der gemeinsamen Verantwortung entziehen wollen. "Und wenn man das Gefühl hat, dass man keine Verantwortungsgemeinschaft in der Koalition hat, muss man sich überlegen, was zu tun ist." Er halte den nun eingeschlagenen Weg für die ehrlichste Lösung.

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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