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© dpa

Koalitionsfrage: Grüne im Saarland stimmen für Jamaika

Im Saarland werden CDU, FDP und Grüne aller Voraussicht nach die erste Jamaika-Koalition der Republik eingehen. Die Parteibasis der Grünen sprach sich auf einem Landesparteitag mit großer Mehrheit für ein solches Bündnis aus.

Im Saarland werden CDU, FDP und Grüne aller Voraussicht nach die erste Jamaika-Koalition der Republik eingehen. Die Führung der saarländischen Grünen machte den Weg für das Bündnis am Sonntag frei und empfahl den Delegierten eines Landesparteitages in Saarlouis, Koalitionsverhandlungen mit Union und Liberalen aufzunehmen. Die Parteibasis folgte der Führung am späten Nachmittag mit einer klaren Mehrheit von 117 von 150 abgegebenen Stimmen.

Der Grünen-Landesvorsitzende Hubert Ulrich begründete die Entscheidung des Vorstands mit Zweifeln an der Zuverlässigkeit von Oskar Lafontaine und dessen Linkspartei. „Ich habe keinerlei Vertrauen zu diesem Mann und zu dieser Partei“, sagte Ulrich:. „Der Hauptschuldige heißt Oskar Lafontaine.“ Der Grünen-Chef warf Lafontaine vor, mit seinem Verzicht auf die Führung der Bundestagsfraktion eine Position als „Neben-Ministerpräsident“ in einer rot-rot-grünen Landesregierung angestrebt zu haben. Lafontaine, der viele Jahre lang für die SPD-Regierungschef im kleinsten Flächenland war, ist auch Fraktionsvorsitzender der Linken im Saar-Landtag. Er hatte am Freitag erklärt, sich künftig stärker im Saarland engagieren zu wollen.

Ulrich zeigte sich überzeugt, dass die Koalition von Grünen mit CDU und FDP stabil sein werde. Weder Ministerpräsident Peter Müller (CDU) noch die FDP hätten ein Interesse daran, ein historisches Bündnis scheitern zu lassen. Die neue Koalition müsse ein Reformbündnis in sozialer, ökologischer und ökonomischer Hinsicht sein. Ulrich erklärte weiter, es sei in den vorhergegangenen Sondierungsgesprächen mit der CDU und der FDP gelungen, wichtige Inhalte durchzusetzen. „Die Studiengebühren in diesem Land werden abgeschafft“, sagte Ulrich. Die Bildungsausgaben sollten im neuen Haushalt nach Vorstandsangaben auf bis zu 30 Prozent wachsen.

Ulrich bestätigte, dass die Grünen in einer Jamaika-Koalition das Umwelt- und das Bildungsministerium führen sollen. Die Partei hatte bei der Landtagswahl Ende August 5,9 Prozent erhalten. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel begrüßte die Entscheidung der Grünen: Wenn die Ökopartei jetzt erkennen lasse, „dass die Linke unfähig zur Zusammenarbeit ist, geht sie in die richtige Richtung.“ Das Saarland brauche eine stabile Regierung. Die FDP sei bereit, mit CDU und Grünen Verantwortung zu tragen. Niebel fügte hinzu: „Mich persönlich freut es, wenn Oskar Lafontaine auch in seiner Heimat nichts zu sagen bekommt.“

Der Grünen-Europaabgeordnete Werner Schulz zeigte sich ebenfalls „erfreut und erleichtert“ über die Weichenstellung im Saarland. „Hubert Ulrich hat mit sehr viel Geschick dafür gesorgt, dass die Grünen insgesamt nicht in eineAbhängigkeit von SPD und Linkspartei geraten“, sagte Schulz dem Tagesspiegel. Die Grünen dürften sich auch im Bund nicht in ein Lager mit SPD und Linkspartei begeben, sondern müssten als „Partei der Mitte eigenständig und koalitionsflexibel“ bleiben, mahnte Schulz. Der saarländische SPD-Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner warf der Führung der Saar-Grünen vor, die Öffentlichkeit über ihre Absichten grob getäuscht zu haben. „Die Grünen haben öffentlich den Eindruck erweckt, als seien sie nach allen Seiten offen, dabei hat ihre Führung seit Wochen auf Jamaika hingearbeitet.“

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