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Politik: Koalitionsfraktionen fordern neue Atomverträge

Berlin - In der rot-grünen Koalition bahnt sich zwischen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und beiden Regierungsfraktionen ein Streit um Verträge zur zivilen Nutzung von Atomtechnologie an. Wie die Grünen verlangen auch wichtige SPD-Politiker, Nuklearabkommen nicht zu verlängern oder umzuwandeln, um gemäß dem Koalitionsvertrag auf internationaler Ebene die Politik des Atomausstiegs fortzusetzen.

Von Hans Monath

Berlin - In der rot-grünen Koalition bahnt sich zwischen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) und beiden Regierungsfraktionen ein Streit um Verträge zur zivilen Nutzung von Atomtechnologie an. Wie die Grünen verlangen auch wichtige SPD-Politiker, Nuklearabkommen nicht zu verlängern oder umzuwandeln, um gemäß dem Koalitionsvertrag auf internationaler Ebene die Politik des Atomausstiegs fortzusetzen.

Sofern es nicht gekündigt wird, verlängert sich Mitte November das deutsch- brasilianische Atomabkommen. „Wir wollen auf diplomatisch angemessene, aber deutliche Art eine Umwandlung des Vertrages zugunsten von Solarenergie und modernen Einspartechniken erreichen“, sagte SPD-Fraktionsvize Michael Müller dem Tagesspiegel. Er sei sicher, dass seine Fraktion diesem Wunsch zustimmen werde. In Koalitionskreisen hieß es, im Gegensatz zum Kanzleramt stelle sich Clements Ministerium dagegen. Das Ressort befürchte aus einer Vertragsänderung Nachteile für den Export deutscher ziviler Nuklearenergie.

Beide Fraktionsspitzen sind offenbar gewillt, auf die große Bedeutung der Brasilianer als Partner beim Streben Berlins nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat Rücksicht zu nehmen und den Verbündeten nicht zu verprellen. So wurde die Beratung abgestimmter Anträge, die eine Kündigung oder Umwandlung von Verträgen verlangen, vergangene Woche in beiden Fraktionen zurückgestellt. Die Bundesregierung bemühe sich, die Änderung im Konsens mit den Brasilianern zu bewerkstelligen, ohne sie vor den Kopf zu stoßen, hieß es in Koalitionskreisen. Auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sagte am Montag, seine Partei wolle Verträge nicht einseitig kündigen, sondern mit der brasilianischen Seite gemeinsam weiterentwickeln.

Die Umweltorganisation „Urgewald“ und Greenpeace Brasilien forderten eine Kündigung des Vertrages. Brasilien habe angekündigt, vier neue Atomkraftwerke zu bauen und angereichertes Uran zu produzieren. Experten befürchten, das Land könne heimlich Atomwaffen entwickeln. Zwar sei Präsident Lula da Silva ein geschätzter Partner von Rot-Grün, hieß es dazu in Berliner Koalitionskreisen: „Was nach einem Regierungswechsel kommt, weiß aber niemand.“

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