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Koalitionsverhandlungen: Die fieberhafte Suche nach Geldquellen

35 Milliarden Euro wollen Union und SPD bis 2007 im Haushalt einsparen. Doch wo Ausgaben reduziert und Einnahmen gesteigert werden können, ist weitgehend unklar. Offenbar wird auch ein höherer Spitzensteuersatz erwogen.

Berlin - Für das 35-Milliarden-Loch im Staatshaushalt suchen SPD und Union weiter fieberhaft nach Geldquellen aus Steuererhöhungen und Subventionskürzungen. Der «Bild»-Zeitung zufolge erwägen die Finanzexperten beider Seiten auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Ferner werden nach einem Bericht der «Passauer Neuen Presse» auch Einsparungen bei Beamten und Pensionären des Bundes geprüft. Von der Beihilfe im Krankheitsfall bis zum Weihnachtsgeld stehe alles auf dem Prüfstand. Die Union will weiterhin die Mehrwertsteuer erhöhen.

Der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) und Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wollten am Freitagmittag in Berlin erneut zu Gesprächen mit der Arbeitsgruppe Haushalt und Finanzen zusammenkommen. Steinbrück will in Abstimmung mit Koch bis Montag das Konzept für das Sanierungspaket vorlegen. Neben der Koalitions-Arbeitsgruppe Wirtschaft trafen sich am Freitag auch Expertenrunden zu den Themen Justiz und Aufbau Ost.

Der Präsident des Hamburgischen Weltwirtschaftsarchivs (HWWA), Thomas Straubhaar, sagte im Deutschlandradio Kultur, Steuererhöhungen könnten demotivierend auf Leistungsträger wirken, zu mehr Schwarzarbeit und Abwanderung ins Ausland führen. Dadurch nehme der Staat am Ende möglicherweise weniger ein als zuvor. FDP-Chef Guido Westerwelle sagte der «Westdeutschen Zeitung», mit SPD und Union säßen «zwei Wahlverlierer» und «Umfaller der Nation» am Verhandlungstisch, die die Steuern erhöhen wollten.

Der SPD-Energieexperte Hermann Scheer hält es nicht für möglich, dass eine große Koalition zustande kommt, wenn der Atomausstieg aufgekündigt oder die Laufzeiten der Atommeiler verlängert werden sollten. Das würde ein SPD-Bundesparteitag nicht mitmachen, sagte Scheer im ZDF. Es gehe hier um eine Schlüsselfrage der gesamten weiteren Wirtschaftsökologie.» Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner schlug unterdessen vor, die Laufzeiten zu verlängern, aber 50 Prozent der dadurch erzielten Gewinne in die Förderung erneuerbarer Energien zu stecken. «Mir geht es um den Umstieg im Ausstieg», sagte sie der «Schwäbischen Zeitung». Die Kernenergie ist einer der Hauptstreitpunkte zwischen Union und SPD.

Hingegen zeichnet sich nach Informationen des «Handelsblatts» ein Konsens zum Bürokratieabbau ab. Künftig solle ein unabhängiges Gremium jeden Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten überprüfen. Auch die Unions-Forderung, dass EU-Richtlinien künftig nur noch eins zu eins umgesetzt werden und auf zusätzliche Vorschriften verzichtet werden soll, sei inzwischen unstrittig.

Ferner wollen Union und SPD die bisher auf den Osten beschränkte Investitionszulage laut «Berliner Zeitung» auf ganz Deutschland ausweiten. In der Koalitions-Arbeitsgruppe zum Aufbau Ost hätten sich beide Seiten das Ziel gesetzt, die Zulage von 2008 an als gesamtdeutsches Förderinstrument fortzuführen. Sie käme dann auch den strukturschwachen Regionen im Westen zu Gute. Die Investitionszulage ist bisher bis Ende 2007 befristet. Sie erlaubt es den neuen Ländern, die Ansiedlung von Unternehmen mit jährlich bis zu 600 Millionen Euro zu fördern. (tso/dpa)

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