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Koalitionsverhandlungen: Einigkeit im Detail, Streit im Grundsätzlichen

Die große Koalitionsrunde von Union und FDP wird noch viele Gegensätze wegverhandeln müssen.

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Berlin - Koalitionsverhandlungen, das bedeutet mühselige Detailarbeit. Nach anderthalb Wochen haben die Fach-Arbeitsgruppen erste Kompromisse erzielt. Viele strittige Punkte wird allerdings erst die große Runde unter Leitung der Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) abräumen, weil die Unterhändler auf keinen gemeinsamen Nenner kamen. Zum Stand der Gespräche:

Außen und Verteidigung: Die zentralen Streitfragen reicht auch diese Arbeitsgruppe an die Runde der Chef-Entscheider weiter. Die FDP besteht auf dem Aus für die Wehrpflicht und der Eingliederung des Entwicklungsministeriums ins Auswärtige Amt. Überraschend einigten sich die Außen- und Verteidigungspolitiker von Union und FDP auf einen Kompromiss zur strittigen Frage der Integration der Türkei in die EU. In einer fast zehnstündiger Sitzung einigten sich CDU, CSU und FDP am Mittwoch in Berlin nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur dpa auf eine Formulierung für den Koalitionsvertrag. Danach sollen die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union (EU) und der Türkei „ergebnisoffen“ geführt und dieser im Falle einer Ablehnung ihres Beitritts ein „privilegiertes Verhältnis“ angeboten werden.

Arbeit und Soziales: Abseits der Einigkeit über Verbesserungen bei Hartz IV (Ausweitung des Schonvermögens, bessere Zuverdienstmöglichkeiten) zeichnet sich in dieser Arbeitsgruppe noch keine gemeinsame Linie ab. Nach den Beratungen am Mittwochabend wollten die Sachpolitiker auch am Donnerstag noch einmal zusammenkommen. Die Union lehnt die von der FDP geforderten Lockerungen des Kündigungsschutzes ebenso wie Änderungen bei der Mitbestimmung strikt ab. Es gibt bei CDU und CSU allenfalls die Bereitschaft, bei den Regeln für befristete Verträge etwas flexibler zu werden. Die Liberalen kommen bei der Union auch mit folgenden Forderungen bislang nicht durch: Abschaffung der Bundesagentur für Arbeit, Auszahlung von Hartz-IV-Leistungen durch die Finanzämter („Bürgergeld“), sowie einer deutlichen Anhebung der Einkommensgrenzen von Minijobs von derzeit 400 Euro im Monat. Näher beieinander sind die Fachpolitiker, wenn es weniger grundsätzlich wird. So gibt es in der Arbeitsgruppe die gemeinsame Linie, dass die arbeitsmarktpolitischen Instrumente gestrafft werden sollen. Auch bei der Rente mit 67 gehen die Meinungen auseinander. Die FDP fordert einen flexiblen Ausstieg ab 60 Jahren, in der Union wird das als falsches Signal abgelehnt. Denkbar könnte sein, dass es Erleichterungen für bestimmte Berufsgruppen gibt (etwa für Bauarbeiter oder Dachdecker).

Landwirtschaft: Die künftige Koalition will den Milchbauern in der Preiskrise zusätzliche Hilfen gewähren. Das vereinbarte die Arbeitsgruppe Agrar am Mittwoch zum Abschluss ihrer Beratungen. Dazu sollten EU-Mittel, die bereits vorhanden sind und die noch erwartet werden, zur gezielten Unterstützung von Milcherzeugern als zusätzliche Grünlandprämie gewährt werden. Diese EU-Prämie zur Förderung extensiver Bewirtschaftung von Grünland wird grundsätzlich durch nationale Gelder ergänzt. Unklar war aber zunächst, ob diese Vereinbarung auch von der Koalitions-Spitzenrunde abgenickt wird.

Eine Einigung zwischen CDU, CSU und FDP über den Anbau von Gen-Pflanzen in Deutschland ist nach dpa-Informationen vorerst gescheitert. CSU-Chef Seehofer beharrt darauf, dass Bayern über ein Anbauverbot und über Abstände zu Feldern mit genveränderten Pflanzen selbst entscheiden kann.mit dpa

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