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Der CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt (l-r) der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer, die amtierende Bundeskanzlerin Angela Merkel und der amtierende Kanzleramtsminister Roland Pofalla (beide CDU)

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Update

Koalitionsverhandlungen immer gereizter: Schwarz sieht rot, Rot sieht schwarz

Die Gereiztheiten in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD nehmen zu – auch, weil jetzt die großen Themen anstehen. Sollten sich die Sozialdemokraten nicht ausreichend kompromissbereit zeigen, hält CSU-Chef Horst Seehofer sogar Neuwahlen für möglich.

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Vor der Schlussphase der Koalitionsverhandlungen wird die Stimmung zwischen CDU, CSU und SPD gereizter. Zwar kamen die Unterhändler in einigen Bereichen zu Ergebnissen, bei den zentralen Streitfragen ist aber nur wenig Bewegung zu erkennen. Nach der sechsten großen Verhandlungsrunde am Dienstag war klar, dass die Ausgestaltung des Mindestlohns, die Mütterrenten und andere Streitthemen erst in der Schlussrunde in der kommenden Woche entschieden werden.

Scharfe Töne kamen vor allem von der CSU, die am Wochenende ihren Parteitag abhält. CSU-Chef Horst Seehofer brachte für den Fall eines Scheiterns der Verhandlungen Neuwahlen ins Spiel. Seehofer stellte allerdings zugleich klar, dass ein solches Szenario im Moment nicht anstehe. Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt betonte nach dem Treffen der großen Verhandlungsgruppe im Willy-Brandt-Haus, die CSU habe den „festen Willen“, die Gespräche zum Erfolg zu führen.

Allerdings dürfe die SPD nicht glauben, sie könne das Wahlergebnis umdeuten. Auch die eigenen Mitglieder zu überzeugen, sei ausschließlich „die Verantwortung und das Problem der SPD“. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner sagte, wenn das Ergebnis am Ende nicht stimme, werde es gar nicht erst den 473 000 SPD-Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt. „Jede Seite muss wissen, was sie bereit ist, an Kompromissen einzugehen.“

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe erklärte, sollte die Bildung einer großen Koalition scheitern, habe seine Partei vor Neuwahlen keine Angst. Allerdings seien die Länge der Gespräche und die vielen offenen Fragen kein schlechtes Zeichen: „Es ist weder Kuscheln noch Liefern noch Radau machen, es ist harte Arbeit.“ SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles betonte, obwohl es in vielen Punkten noch kein Ergebnis gebe, habe man am Dienstag bei der Diskussion von Lösungswegen „sehr viel Strecke gemacht“.

In den Verhandlungen selbst spielten die Hakeleien nach Auskunft von Teilnehmern keine Rolle. Die Runde einigte sich im Prinzip auf eine paritätisch besetzte Mindestlohn-Kommission, verwies aber die strittigen Details in die Schlussrunde. Ohne offene Punkte beendete die Arbeitsgruppe Außen- und Sicherheitspolitik ihre Arbeit. Der Streit um Kampfdrohnen und über die EU-Mitgliedschaft der Türkei wurde vertagt. Union und SPD gehen davon aus, dass sie in beiden Fällen in den nächsten vier Jahren keine Entscheidungen fällen müssen.

Als ein Knackpunkt in den Verhandlungen stellt sich die Gesundheitspolitik heraus. Die SPD-Forderung einer Bürgerversicherung, bei der auch Beamte und Selbstständige zur Finanzierung eines solidarischen Gesundheitssystems herangezogen werden, ist vom Tisch. „Wir konnten uns schlicht nicht durchsetzen“, sagte SPD-Verhandlungsführer Karl Lauterbach in der Nacht zum Dienstag. Auch für die privat Versicherten, denen die Union durch die Mitnahme von Altersrückstellungen einen Wechsel innerhalb des Systems erleichtern wollte, werde sich nichts ändern. Umso wichtiger sei nun eine gerechtere Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sonst hätte man der SPD-Basis für den Mitgliederentscheid „nichts vorzulegen“.

Alle offenen Punkte müssen die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) in kleineren Runden in der nächsten Woche klären. Offiziell sind drei Verhandlungstage von Montag bis Mittwoch freigehalten. Die SPD-Mitglieder sollen dann vom 6. bis 12. Dezember per Briefwahl über das Ergebnis abstimmen. Die CDU lässt einen Kleinen Parteitag entscheiden, doch planen die CDU-Landesverbände NRW und Baden-Württemberg unter dem Eindruck des SPD-Mitgliedervotums, ihre Basis den Vertrag zumindest umfassend diskutieren zu lassen.

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