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Weniger ist mehr. Die Europäische Union gibt mit ihrer Ökodesign-Richtlinie Mindeststandards für die Effizienz von Produkten vor. Deshalb dürfen zum Beispiel Staubsauger vom kommenden Jahr an nur noch 1600 Watt Leistung haben. Union und SPD sind in dieser Frage voll auf EU-Kurs.

© Mike Wolff HF

Koalitionsverhandlungen: Union und SPD setzen bei Energieeffizienz auf Verbote

In den Koalitionsverhandlungen haben Union und SPD über die Energieeffizienz diskutiert. Geräte sollen weniger Strom verbrauchen Aber die vom Bundestag 2011 beschlossenen Minderungsziele fehlen im Verhandlungstext.

Die Energieeffizienz soll mehr Bedeutung bekommen, hat Hannelore Kraft, nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin und SPD-Verhandlungsführerin für das Energiekapitel des Koalitionsvertrags gesagt. Tatsächlich finden sich in der Endfassung des Textes mehrere Seiten, die sich mit der Frage befassen, wie der Energieverbrauch in Deutschland sinken könnte. Was allerdings fehlt, ist eine Bekräftigung der Effizienzziele, auf die sich der Bundestag 2011 in seinem Energiekonzept verständigt hat.

Das ist für den Geschäftsführer des Effizienzwirtschaftsverbands Deneff, Christian Noll, die größte Schwäche des Papiers. Im Energiekonzept war vorgesehen, dass der Energieverbrauch in Deutschland bis 2020 um 20 und bis 2050 um die Hälfte sinken sollte. In einer früheren Fassung des Vertragstextes war dieser Hinweis noch enthalten. Dass er aus der Endfassung herausgefallen ist, wundert auch Mitglieder der Energieverhandlungsgruppe. „Darüber ist gar nicht gesprochen worden“, sagt ein Teilnehmer.

Förderprogramme für Energieeffizienz armer Haushalte

Die künftigen Koalitionäre wollen die bestehenden Förderprogramme verstetigen und teilweise erhöhen. Das gilt insbesondere für das Gebäudesanierungsprogramm der Förderbank KfW. Neu dazukommen soll ein Effizienzfonds, aus dem beispielsweise die Beschaffung effizienter Geräte für arme Haushalte oder Effizienzinvestitionen in Unternehmen gefördert werden könnte. „Wenn diese Förderprogramme wirklich kämen, wäre das eine Verbesserung“, sagt Noll. Allerdings stehen all diese Vorschläge unter Finanzierungsvorbehalt.

An einer anderen Stelle setzen Union und SPD voll auf das Ordnungsrecht. Mit der europäischen Ökodesign-Richtlinie werden seit 2009 für immer mehr Produktgruppen Mindeststandards für die Energieeffizienz gesetzt. Das ist den deutschen Verbrauchern erstmals aufgefallen, als der Verkauf ineffizienter Glühlampen verboten wurde. Im September 2014 dürfen Staubsauger, die in der EU verkauft werden, nur noch 1600 Watt Leistung haben. Aktuell sind noch Modelle mit 3000 Watt auf dem Markt, die viel Energie verbrauchen, aber nach Einschätzung des Umweltbundesamtes nicht besser saugen.

Ähnliche Vorgaben gibt es für Fernseher. „Da hat die Technik die Richtlinie schon überholt gehabt, als sie in Kraft trat“, sagt Laura Spengler vom Hamburger Ökopol-Institut. Im Fall von Heizungen und Warmwasserbereitern dauerte die Diskussion innerhalb der EU sechs Jahre, bis die Mindeststandards dann endlich in Kraft treten konnten. Trotzdem ist Spengler von der Wirksamkeit des Instruments überzeugt. Wenn nur noch effiziente Geräte zugelassen werden, wird automatisch Energie gespart. Das klappt trotz Vollzugsdefiziten auch meistens.

Praktisch für deutsche Elektroindustrie

Union und SPD sehen das offenbar genauso, denn sie wollen die Linie der vorhergehenden schwarz-gelben Regierung fortsetzen und sich in Brüssel für eine „dynamische“ Anpassung der Mindeststandards nach dem sogenannten Top-Runner-Ansatz einsetzen. Das bedeutet, dass der Mindeststandard vom jeweils effizientesten Produkt am Markt bestimmt wird, und dieser Verbrauchswert dann nach einer Übergangsfrist den neuen Standard setzt. So ein Fall wie mit den Fernsehern wäre dann ausgeschlossen. Der ehemalige Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) und der amtierende Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten schon in der vergangenen Legislaturperiode einen entsprechenden Brief an die EU-Kommission geschrieben. Die künftigen Koalitionäre wollen es mit den Vorschriften für die Verbraucher aber noch etwas weiter treiben. Sie wollen, wo es möglich ist, Mindeststandards auf nationaler Ebene setzen. Das sei, sagt Spengler, dann möglich, wenn es aus Brüssel für ein Produkt noch keine Vorgabe gebe.

Für die deutsche Elektroindustrie ist das Vorgehen günstig, weil sie bei effizienten elektrischen Geräten führend ist. Die EU-Mindeststandards haben aber tatsächlich weltweit Wirkung, weil alle Produzenten, die in Europa verkaufen wollen, sich daran halten müssen und dann meistens auch in anderen Märkten effizientere Produkte anbieten.

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