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Köln: Moschee-Streit verschärft sich

Morddrohungen gegen einen Schriftsteller, Tumulte bei Bürgeranhörungen, Provokationen durch Rechtspopulisten - im Streit um den Bau der Zentralmoschee in Köln scheinen demokratische Regeln auszusetzen.

Köln - Das jüngste Beispiel für die Zuspitzung des Streits um den Bau der Kölner Moschee lieferten am Dienstagabend Gegner aus dem rechten Lager bei einer Podiumsdiskussion im Stadtteil Ehrenfeld, wo die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) demnächst ihre Zentralmoschee bauen will. Drei Mitglieder der rechten "Bürgerbewegung pro Köln" wurden des Saales verwiesen, nachdem der Versammlungsleiter aus ihren Reihen als "Nazi" beschimpft worden war.

Selbst in Köln, dessen Bewohnern seit jeher eine gewisse Sympathie für Übertreibungen nachgesagt wird, wird die Eskalation im Streit um die Moschee vielerorts nur noch mit Kopfschütteln quittiert. Zwar befürworten die etablierten Ratsparteien CDU, SPD, Grüne und FDP genauso wie die Linksfraktion das Bauvorhaben auf dem DTIB-Grundstück, auf dem ein 34 Meter hohen Kuppelbau mit zwei 55 Meter hohen Minaretten, ein Gebetsraum für rund 2000 Gläubige und ein frei zugänglicher Innenhof mitsamt Tiefgarage entstehen sollen. "Pro Köln" macht dagegen seit Monaten Front gegen die "Großmoschee" und gibt sich dabei als Sprachrohr der angeblich zahlreichen Moschee-Gegner unter den mehr als 100.000 Ehrenfeldern aus.

Prominenter Autor fordert Bau-Stopp

Während diese Strategie für eine rechtspopulistische Gruppierung kaum überraschend scheint, sorgten zuletzt Äußerungen des Schriftstellers Ralph Giordano zum Moschee-Bau für beträchtliches Aufsehen. Der 84-Jährige forderte einen Stopp des Bauvorhabens, das er in einer TV-Diskussion des "Kölner Stadt-Anzeigers" ein "falsches Signal" nannte. "Die Integration ist gescheitert", befand der Publizist. Damit nicht genug: Im weiteren Verlauf der Sendung bezeichnete Giordano eine von oben bis unten verhüllte Frau als "menschlichen Pinguin". Zugleich distanzierte sich der Holocaust-Überlebende nachdrücklich von den Rechtspopulisten, indem er "Pro Köln" als "lokale Variante des zeitgenössischen Nationalsozialismus" brandmarkte.

Mit Giordanos Äußerungen kam der Moschee-Streit mächtig in Fahrt. Kölns Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU) kritisierte Stil und Wortwahl Giordanos als "wenig hilfreich". In einem offenen Brief an Giordano wandte sich die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün gegen dessen Einschätzung, die Integration der Moslems sei gescheitert. "Die große Mehrheit der hier lebenden Menschen aus islamischen Ländern ist sehr wohl angekommen."

"Pro Köln" zeigte Schriftsteller Giordano an

"Pro Köln" zeigte sich derweil zwar durchaus erfreut über die islamkritischen Äußerungen Giordanos, erstattete aber zugleich nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen den Wahlkölner wegen dessen Nazi-Vorwürfen. Giordano seinerseits berichtete von Morddrohungen gegen ihn aus dem radikalislamischen Lager - von Anrufen, in denen die Worte "Moschee", "Allah" und "Tod" gefallen seien. Doch Giordano erhielt auch öffentliche Unterstützung, und zwar von einem Kölner CDU-Politiker. "Giordano hat so recht", bekannte der stellvertretende Ehrenfelder Bezirksvorsteher Jörg Uckermann jüngst in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Er spricht hier 80 Prozent der Leute aus der Seele."

Uckermann zählt zu den erklärten Gegnern des Baus am DITB-Hauptsitz, das er der Kölner Lokalpresse zufolge zuletzt mit einem "islamischen Disneyland" verglich. Dies wiederum rief am Mittwoch das Deutsch-Türkische Forum (DFT) der nordrhein-westfälischen CDU auf den Plan. Einerseits engagiere sich Uckermann "bei uns, andererseits zieht er mit 'Pro Köln' am gleichen Strang", schimpfte der Vorsitzende des DFT Mittelrhein, Hidayet Metin.

Zeit der Verständigung scheint vorbei

Angesichts des eskalierenden Streits droht derweil in Vergessenheit zu geraten, dass es auch durchaus Zeichen der Verständigung im Tauziehen um den Moscheebau gab. So sammelte der katholische Pfarrer Franz Meurer von der Sankt-Theodor-Gemeinde in Köln-Vingst vor einigen Wochen bei einer Sonntagskollekte Geld für das Bauvorhaben. Kritikern hielt der Geistliche seinerzeit entgegen: "Mensch Leute, überlegt doch mal. Dadurch stärken wir doch die Vernünftigen." (Von Richard Heister, AFP)

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