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Jon Petter Gintal und Gunn-Britt Retter sind Vertreter des Volks der Samen bei der Klimakonferenz in Paris

© Susanne Ehlerding

Köpfe des Klimagipfels in Paris (2): Was das Guksi mit dem Klimawandel zu tun hat

Das Volk der Samen lebt mit und von seinen Rentieren. Bei der Klimakonferenz in Paris erklären Gunn-Britt Retter und Jon Petter Gintal, warum ihre Herden im Winter immer weniger Futter finden.

Gunn-Britt Retter kommt aus dem hohen Norden zur Klimakonferenz nach Paris. Das sieht man gleich an ihrer samischen Tracht mit dem bunten Halstuch und den Stiefeln aus Rentierleder. Die Samen ziehen mit ihren Herden im Norden Skandinaviens und in der Region Murmansk umher. Sie sind ein typischer Fall für das Schicksal eingeborener Völker im Klimawandel: Selbst haben sie nur ganz wenig zur Erderwärmung beigetragen, andererseits sind sie am meisten davon betroffen.

Der verschwindend geringe Anteil des samischen Volkes am Kohlendioxid-Ausstoß kommt aus ihren Autos und Schneemobilen. „Aber wir haben keine Industrie, ja wir haben nicht einmal eigenes Land, auf dem wir Fabriken bauen könnten“, sagt Gunn-Britt Retters.

Dieses Guksi, ein traditioneller Trinkbecher der Samen, hat der Kunsthandwerker Per Isak Juuso gemacht.
Dieses Guksi, ein traditioneller Trinkbecher der Samen, hat der Kunsthandwerker Per Isak Juuso gemacht.

© Susanne Ehlerding

Besonders stark trifft der Klimawandel die Rentiernomaden deshalb, weil die Erderwärmung auf der Nordhalbkugel viel schneller verläuft als auf dem Rest des Planeten. Das liegt daran, dass dort mehr Landmassen sind, die die Wärme nicht so einlagern wie die Ozeane.

Immer später vereisen die Flüsse

Die Erderwärmung hat großen Einfluss auf den Verlauf des Winters. „Es gibt jetzt immer wieder Phasen, in denen der Schnee schmilzt“, berichtet Jon Petter Gintal, ebenfalls Vertreter der samischen Delegation bei der Klimakonferenz. „Wenn es dann wieder kälter wird, gefriert das Schmelzwasser am Boden unter dem Schnee zu Eis und die Rentiere können das Gras nicht mehr frei scharren."

Die Samen fangen deshalb jetzt an, ihre Tiere zu füttern, was sie früher nie brauchten. Und wenn sie im Herbst auf ihren traditionellen Routen von der Küsten ins Landesinnere unterwegs sind, müssen sie oft wochenlang warten, bis die Flüsse vereist sind und die sie Tiere passieren können. Hier wäre das Eis also willkommen.

„Trotzdem wollen wir uns nicht als Opfer sehen, sondern etwas zur Lösung des Problems beitragen“, sagt Gunn-Britt Retter – und hier kommt das Guksi ins Spiel. Es ist eine Tasse, die aus den beulenförmigen Auswüchsen der Birke gemacht wird. Sie entstehen nach einer bakteriellen Infektionen des Baumes, auf die er mit einem sogenannten Maserkropf reagiert.

„Das Holz dieser Knollen ist besonders hart und wird aufgrund seiner Form traditionell für die Herstellung von Tassen und Schalen benutzt“, sagt Gunn-Britt Retter. Sie trägt ihr Guksi ständig an ihrem Gürtel, der samische Kunsthandwerker Per Isak Juuso hat es mit einem formschönen Griff aus Rentiergeweih versehen.

Die Tasse spart Wasser und Spülmittel

„Meine hölzerne Tasse symbolisiert traditionelle Werte in einer modernen Welt“, schreibt Gunn-Britt Retter auf ihrer Facebookseite. „Heute haben die meisten Leute eine Geschirrspülmaschine oder zumindest fließend Wasser aus dem Hahn. Trotzdem sollten wir die gleiche Tasse immer wieder benutzen, denn das spart die Energie fürs Abwaschen und fürs Spülmittel und verbraucht keine Plastikbecher.“

Etwas Ähnliches hatten die Organisatoren der Klimakonferenz im Sinn, als sie jedem Teilnehmer eine wiederverwendbare Wasserflasche zur Begrüßung schenkten. Nur kurz ausspülen – es kleben ja nur die eigenen Bakterien daran – und sie ist bereit für die nächste Füllung.

Gunn-Britt Retter benutzt ihr Guksi aber auch noch für einen anderen Zweck. „Wenn ich Stress habe, streiche ich über das Holz, das entspannt mich“, sagt sie. Da kann das moderne Plastik dann nicht so ganz mithalten.

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