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Kofferbomber: Fahndungsdruck war zu groß

Seit Jahrzehnten pflegen die deutschen Geheimdienste Verbindungen zu Nachrichtendiensten im Nahen Osten. Jetzt ermöglichten diese Verbindungen auch die Festnahme von Dschihad Hamad im Libanon.

Berlin/Beirut - "Der Fahndungsdruck war Dschihad Hamad einfach zu groß geworden. Er sah keinen anderen Ausweg mehr als sich selbst zu stellen." So beurteilten Geheimdienstkreise in der libanesischen Hauptstadt Beirut den Ausgang der Fahndung nach dem zweiten mutmaßlichen Bahn-Bombenleger. "Unser Nachrichtendienst konnte unserer Polizei den entscheidenden Hinweis zur Festnahme von Dschihad Hamad in Tripoli geben", ließ ein Vertreter des libanesischen Geheimdienstes DRAL wissen.

Deutsche Fahnder sprachen von einem "Riesenerfolg". Sie wiesen darauf hin, dass der DRAL mit seinen Hinweisen nach Deutschland schon entscheidend geholfen hatte, den ersten Bombenleger Youssef Mohamad El Hajdib in Kiel zu überführen. Die schon viele Jahre dauernden guten Beziehungen zu den nahöstlichen Geheimdiensten hätten sich wieder einmal "bezahlt gemacht", sagte ein deutscher Geheimdienstler in Berlin.

Obwohl die libanesische Regierung aus deutscher Sicht mit der Hisbollah im eigenen Land "überfordert" sei, habe sie trotzdem den Fahndungserfolg ermöglicht. "Wir hoffen, dass der Libanon in seiner sozusagen Doppelrolle uns auch bei weiteren Fällen helfen wird, sollten wieder Terroristen aus Europa im Land Zuflucht suchen", erläuterte ein deutscher Geheimdienstler.

"Äußerst brisantes Nachrichtengeschäft"

Die Verbindungen der deutschen Geheimdienste zu Nachrichtendiensten im Nahen Osten seien wegen der komplizierten politischen und militärischen Lage "besonders brisant", schilderte ein deutscher Experte. Er wies darauf hin, dass es darum gehe, "Drähte" sowohl zu Diensten in Israel als auch im arabischen Raum herzustellen und immer wieder aufs Neue zu halten. Es sei ein "äußerst brisantes Nachrichtengeschäft".

Aus Berliner Sicherheitskreisen wurde berichtet, dass es in all den Jahren gelungen sei, gerade zum israelischen Geheimdienst Mossad "hervorragende" Verbindungen zu haben. Es sei "schon etwas Beachtliches, dass wir eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum israelischen Partnerdienst unterhalten und gleichzeitig beispielsweise zum jordanischen Geheimdienst ein Vertrauensverhältnis haben", erläuterte ein hochrangiger Nachrichtendienstler in Berlin.

Er verwies darauf, dass es dem damaligen Geheimdienstkoordinator im Bundeskanzleramt und jetzigen Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND), Ernst Uhrlau, im Januar 2004 gelungen sei, zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz einen der größten Gefangenenaustausche für den Nahen Osten zu arrangieren. Damals wurde Uhrlau bestätigt, dass er mit dem Austausch ein "geheimdienstliches Meisterstück" vollbracht hatte. Die Operation, die unter strengster Geheimhaltung auf dem militärischen Teil des Köln-Bonner Flughafens abgewickelt wurde, trug den Namen "Himmelblau-Weiß".

Der deutsche James Bond

Als einer der "Wegbereiter" für die guten Beziehungen zu den Geheimdiensten des Nahen Ostens wird der frühere Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer angesehen. In Israel nannten sie Schmidbauer damals den "deutschen James Bond". Schon wenige Monate nach Amtsantritt seines heiklen Postens im Juni 1992 gelang es Schmidbauer, die deutschen Geiseln Heinrich Strübig und Thomas Kemptner aus dem Libanon freizubekommen. Er brachte es unter anderem auch fertig, dass der im Iran wegen angeblicher Spionage für den Irak zum Tode verurteilte deutsche Ingenieur Helmut Szimkus begnadigt wurde und ausreisen durfte.

Die Beziehungen der deutschen Geheimdienste zu ihren Partnern im Nahen Osten spielen auch eine "entscheidende Rolle" bei der Vorbereitung des Engagements der Bundeswehr in der UN-Friedenstruppe für die Pufferzone im Südlibanon. Der BND helfe dabei, die Lage "genau einzuschätzen und der Bundeswehr für ihren riskanten Einsatz wertvolle Hinweise zu liefern", war zu erfahren. Der BND spielt für die deutschen Streitkräfte auch bei ihren Einsätzen auf dem Balkan, in Afghanistan und jetzt im Kongo eine "entscheidende Rolle", verlautete aus dem Verteidigungsministerium.

(Von Friedrich Kuhn, ddp)

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