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Kofferbomber-Prozess: Angestiftet

Der in Düsseldorf angeklagte Kofferbomber gibt seinem Mittäter die Schuld. Der Libanese will den Defekt, der eine Detonation verhinderte, absichtlich eingebaut haben.

Von Frank Jansen

Er sieht sich als Verführter und Getriebener. Sein Freund Dschihad Hamad habe ihm ein Ultimatum gestellt: „Entweder ich mache die Sache mit ihm oder ich bin ein Abtrünniger“, sagt Yusself al Hajdib. Es ist Donnerstag, der Libanese trägt knapp zwei Monate nach Beginn des Kofferbomber-Prozesses am Oberlandesgericht Düsseldorf erstmals seine Sicht der „Sache“ vor – gemeint sind die Beinahe- Anschläge mit Gasflaschen in Trolleys auf zwei Regionalzüge Ende Juli 2006 in Nordrhein-Westfalen. Weitschweifig und in blumigen Sprachbildern schildert der Angeklagte seine Skrupel, „mein Herz fühlte sich nicht wohl bei der Sache“. Und gleich zu Beginn beteuert er, „es stimmt mich sehr froh, dass es gelungen ist, in letzter Minute zu vermeiden, dass unschuldige, gute Menschen getötet wurden“.

Der 23-jährige Libanese, die pechschwarzen Haare sind inzwischen kürzer, hat auf 37 Seiten handschriftlich seine Aussage verfasst, auf Arabisch. Schon bald wird klar, welche Strategie er verfolgt: Anstifter und Haupttäter soll der im Libanon wegen der Kofferbomben zu zwölf Jahren Haft verurteilte Dschihad Hamad gewesen sein. Hamad selbst hat es in seinem Prozess in Beirut genau andersherum geschildert, für ihn war Hajdib die treibende Kraft.

Hajdib sagt, nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen habe Hamad gedrängt, „dass wir etwas tun sollten, damit wir Rache nehmen für den Propheten“. Hajdib war damals, im Frühjahr 2006, Student in Kiel, Hamad lebte in Köln. Deutsche Zeitungen hatten die umstrittenen Karikaturen eines dänischen Blattes nachgedruckt. Hamad habe einen Anschlag gewollt, „gerade in Köln, weil es eine große Stadt ist mit vielen Menschen und wir nicht so auffallen“, sagt Hajdib. Doch er selbst habe sich gescheut, in dem Land, in der er studierte, „einfach so Menschen umzubringen“.

Hamad habe ihn jedoch weiter bearbeitet, erst recht nach dem Tod von Abu Mussab al Sarkawi. Der Jordanier war Anführer der irakischen Filiale von Al Qaida, im Juni 2006 töteten ihn die Amerikaner mit einem Luftschlag. Hajdib sagt, die Nachricht vom Tod Sarkawis habe ihn traurig gemacht. Schließlich fuhr er nach Köln. Dort habe Hamad im Internet Seiten ausfindig gemacht, in denen der Bau von „Sprengladungen mit Hilfe von Gasflaschen“ dargestellt wurde, sagt Hajdib. Er stellt es dar, als habe er es nicht gewagt, Hamad zu widersprechen, sei aber zur Überzeugung gelangt, dass die ganze Sache falsch sei. Er habe Hamad nichts über den „chemischen Teil“ des Bombenbaus gesagt und dieser habe nichts gemerkt.

Vor Beginn der Aussage haben die Anwälte des Libanesen schon erläutert, worauf Hajdib hinauswill: Er habe sich zwar auf den Bombenbau eingelassen, habe aber bewusst den technischen Fehler zugelassen. Hamad habe jedoch geglaubt, dass die Sprengsätze in den Zügen explodieren würden. Kommende Woche will Hajdib die Fragen des Strafsenats zu seiner Einlassung beantworten.

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