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Kolumbien: Chávez zu Farc: "Lasst die Geiseln frei!"

Venezuelas Präsident Hugo Chávez hat sich mit ungewohnt kritischen Tönen an die linksgerichtete kolumbianische Guerilla-Organisation Farc gewandt. In seiner wöchentlichen Radio- und Fernsehsendung "Hallo, Präsident" forderte er die Farc am Sonntag auf, alle von ihr festgehaltenen Geiseln bedingungslos freizulassen.

Zugleich stellte Chávez das Existenzrecht der Gruppe in Frage: "Eine bewaffnete Guerillabewegung in Lateinamerika ist nicht mehr zeitgemäß, das muss der Farc mal gesagt werden", sagte Chávez. Zudem liefere die Farc den USA einen Vorwand für deren Handeln in Lateinamerika. Kolumbien zeigte sich positiv überrascht über die Äußerungen.

"Ich glaube, die Zeit für die Farc ist gekommen, alle (Geiseln), die sie in den Bergen festhalten, ohne Gegenleistung freizulassen", sagte Chávez. "Das wäre eine große humanitäre Geste." Chávez erwähnte erstmals den neuen Farc-Vorsitzenden Alfonso Cano, der den im Mai verstorbenen Gründer und Anführer der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc), Manuel Marulanda, ablöste. "Ich sage zu Cano: Lass uns loslegen, lass diese Menschen frei", sagte er. Dann könnten Friedensgespräche beginnen, die von mehreren Staaten unterstützt würden. Die aktuelle Situation sowohl in Lateinamerika als auch in den USA sei "günstig" für einen Friedensprozess.

Chávez warf der Farc vor, den USA unfreiwillig in die Hände zu spielen. "Die Farc sollte wissen: Ihr seid ein Vorwand, eine Rechtfertigung geworden für die Großmacht (USA), um uns alle (in Lateinamerika) zu bedrohen, ihr seid der perfekte Vorwand."  

Kolumbiens Innenminister: "Großartig!"

Der kolumbianische Justiz- und Innenminister Carlos Holguin sagte dem Fernsehsender Caracol, er "begrüße" die "überraschenden" Worte des venezolanischen Präsidenten. "Er ist ein großer Verteidiger und Verbündeter der Guerillas, daher ist es überraschend.", sagte Holguin. "Aber es ist großartig und ich hoffe, die Farc hört ihn." Außenminister Fernando Araujo sagte: "Dieser Vorschlag stimmt mit dem überein, was Kolumbien stets gesagt hat: dass Entführungen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben." Die kolumbianische Regierung steht den USA nahe, Chávez ist dagegen ein erbitterter Gegner Washingtons. Kolumbiens Präsident Alvaro Uribe fährt einen harten Kurs gegen die Guerilla und lehnte Verhandlungen bislang ab.

Die Farc, deren Mitgliederzahl sich seit Uribes Amtsantritt 2002 auf 8000 halbiert haben soll, hat mehr als 700 Menschen in ihrer Gewalt. Die Guerillagruppe bot bislang an, gegen die Freilassung von 500 gefangenen Gesinnungsgenossen 39 Geiseln freizulassen, darunter die Franko-Kolumbianerin Ingrid Betancourt.

Chávez hatte als Vermittler zwischen der kolumbianischen Regierung und den Rebellen die Freilassung von sechs Geiseln Anfang des Jahres erreichen können. Nach eigenen Angaben verlor er jedoch den Kontakt zu der Gruppe, nachdem Kolumbien im März ein Guerilla-Camp in Ecuador angegriffen hatte. Vom neuen Farc-Chef Cano erhoffen sich die Angehörigen der Geiseln und Politiker der Region eine Entspannung in der Krise.

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