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Friedensdialog für Kolumbien in Kubas Hauptstadt Hanvanna.

© AFP

Kolumbien: Kolumbiens Präsident vermeldet Erfolge in den Verhandlungen mit den Rebellen

Santos muss bei der Wahl am Sonntag um seine Macht bangen. Neue Zugeständnisse der Farc kommen ihm da gerade recht.

Ein Waffenstillstand der kolumbianischen Rebellengruppen und ein weiteres Teilabkommen in den Friedensverhandlungen mit der Farc-Guerilla, um den Drogenhandel zu bekämpfen: Was Präsident Juan Manuel Santos am Wochenende seinen Landsleuten verkündete, dürften seine großen Asse vor dem Urnengang am Sonntag sein, bei dem seine Wiederwahl auf der Kippe steht. Vonseiten der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) ist es vor allem ein symbolischer Unterstützungsakt für Santos.

Nie standen die Chancen auf Frieden so gut

Santos ist zwar nicht der erste kolumbianische Präsident, der mit der ältesten Guerilla Lateinamerikas verhandelt, aber noch nie in den vergangenen 50 Jahren Bürgerkrieg standen die Chancen auf Frieden so gut. So zeigte er sich denn auch sehr optimistisch: „Ich hoffe, dass wir es noch in diesem Jahr schaffen“, sagte er dem „Spiegel“. Dass der Frieden zum Greifen nah scheint, hat zwei Gründe: Zum einen ist es Santos’ Interesse, das Land zu modernisieren und als Friedenspräsident in die Geschichte einzugehen. Zum anderen hat die Farc am Verhandlungstisch mehr zu gewinnen als auf dem Schlachtfeld, da sie militärisch auf dem Tiefstpunkt angelangt ist – was vor allem Santos’ ultrarechtem Vorgänger Alvaro Uribe und der Milliarden-Militärhilfe der USA zu verdanken ist. Uribe ist Santos’ größter Gegenspieler bei der Wahl. Der Expräsident tritt zwar selbst nicht an, aber er schickt seinen Vertrauten Oscar Ivan Zuluaga ins Rennen, um die Friedensverhandlungen zu beenden. Ein Friedensabkommen mit den Farc-Terroristen sei „das Ende der Demokratie“, so Zuluaga.

Präsident Santos muss um die Wiederwahl bangen.
Präsident Santos muss um die Wiederwahl bangen.

© AFP

Herausforderer Zuluaga rechnet sich Chancen aus

Schenkt man den Umfragen Glauben, so hat Zuluaga durchaus Chancen, Santos die sicher geglaubte Wiederwahl streitig zu machen. Zwar unterstützen Umfragen zufolge 64 Prozent der Kolumbianer den Friedensprozess. Dass Santos davon nicht im gleichen Maße profitiert, hat vor allem mit dessen arroganter Art, dem Klientelismus seiner Regierung und der Wirtschaftspolitik zu tun. Die hat das Land zwar zur drittgrößten Wirtschaftsmacht Lateinamerikas nach Mexiko und Brasilien gemacht. Doch umverteilt wurde vom neuen Wohlstand wenig. Für den Präsidenten lässt sich die Wahl daher auf folgende Formel bringen: Krieg oder Frieden.

Kolumbien ist das Land mit den zweitmeisten Flüchtlingen weltweit

Dass Zuluaga mit seiner Kriegstreiberei ankommt, mag auf den ersten Blick überraschen in einem Land, das einen hohen Blutzoll gezahlt hat: 220 000 Tote und fast sechs Millionen Vertriebene seit 1960. Damit ist Kolumbien nach Syrien das Land mit den zweitmeisten Flüchtlingen weltweit. Doch der Krieg hat nicht nur Leid gebracht, sondern auch gute Geschäfte. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich ein Raubtierkapitalismus etabliert, dessen Speerspitze die Todesschwadrone waren, die – wie inzwischen nachgewiesen – eng mit Militärs und der politischen Elite kooperierten. Unter dem Vorwand vermeintlicher „Kooperation mit der Guerilla“ vertrieben oder ermordeten sie Bauern und Landbesitzer.

Die Landfrage birgt politischen Sprengstoff

Unterschiedlichen Schätzungen zufolge wechselten zwischen zwei und sechs Millionen Hektar Land den Besitzer, darunter Gold-, Smaragd- und Kohleminen. Was sich die Paramilitär-Bosse unter den Nagel rissen, muss qua Gesetz zurückgegeben werden. Doch vieles ist verkauft und im Besitz einflussreicher Geschäftsleute und multinationaler Konzerne. Die Verfahren laufen schleppend, und selbst Vertriebene, die auf ihr Land zurückkehren konnten, klagen über Drohungen neuer, bewaffneter Banden. Die Landfrage, an der sich in den 1960er Jahren der Bürgerkrieg in Kolumbien entzündet hatte, ist weiter ein politischer Brandherd. Dass die kriminellen Netzwerke nach einem Friedensabkommen zutage treten könnten, ist eine der Hauptsorgen Uribes. Auch im Militär, das ein ureigenes Interesse am Fortgang des Konflikts hat, verfügt Uribe nach wie vor über einflussreiche Netzwerke.

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