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Politik: Kommando zurück

Bundesregierung versichert nach der Kritik an Minister Jung: Keine zusätzlichen Truppen in den Sudan

Von Robert Birnbaum

Franz Josef Jung kann die ganze Aufregung mal wieder nicht verstehen. Am Dienstag hat sich der Verteidigungsminister am Rande des CDU-Parteitags über eine mögliche Beteiligung der Bundeswehr an einem UN-Einsatz im Sudan geäußert. Am Mittwoch ist er dafür von ungewohnter Seite abgewatscht worden: Nicht nur vom CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, sondern auch von Unionsfraktionschef Volker Kauder. Am Donnerstag aber sagt auf einmal von Jung selbst über den Regierungssprecher bis hin zu dem parteipolitischer Sympathien unverdächtigen SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold jeder ungefähr das Gleiche: Ein „Missverständnis“, so Jung selbst, liege dem Streit zugrunde.

Bloß ein Missverständnis? Dann hat Jung jedenfalls alles dafür getan, dass das Missverständnis aufkam. Nur wer sehr genau mit dem diplomatischen Stand der Dinge im Sudankonflikt vertraut war, konnte aus seinen Sätzen am Dienstag in Dresden heraushören, dass der Minister möglicherweise gar nicht von einem neuen Einsatz sprechen wollte – sondern bloß von neuer Oberhoheit für einen laufenden Einsatz. Das genau ist nämlich der Stand der Dinge. Bis Jahresende wollen die Vereinten Nationen mit der Regierung in Khartum aushandeln, dass zwei derzeit getrennte Einsätze – einer der Uno im Südsudan, einer der Afrikanischen Union (AU) namens Amis in der Bürgerkriegsregion Darfur – unter UN-Dach zu einem zusammengelegt werden. An beiden Einsätzen ist die Bundeswehr in kleinem Umfang beteiligt; das Amis-Mandat hat das Bundeskabinett erst am Mittwochabend verlängert. Ein neues, gemeinsames UN-Mandat würde formell auch ein neues Mandat des Bundestags nötig machen. Und nicht mehr habe er gesagt, sagt Jung: „Was wir für die AU machen, das können wir nicht für die UN verweigern.“

Hätte er’s mal nur gleich am Dienstag so gesagt. Hat er aber nicht. „Ein Stück weit überinterpretiert“ sei der Minister worden, sagt SPD-Mann Arnold. Und Jung selbst erklärt: „Wir werden allerdings das noch ein Stück weit erklären müssen, das ist auch wahr“, räumt der Minister ein. Auf die Kritik geht er nur kurz ein, nennt sie „nicht berechtigt“. Jung teilt offenkundig nicht die Sorge, die vor allem hinter Kauders Intervention steckt. Der weiß, wie schnell seine Abgeordneten auf die Palme gehen – und nicht wieder runterkommen. Darum hatte Kauder sich nicht zur Sache geäußert, sondern das Verfahren gerügt: erst das Parlament über Pläne unterrichten, dann die Öffentlichkeit. Jung sieht das anders. Es sei sinnvoll, vorzeitig auf die Verpflichtung hinzuweisen, die Deutschland jetzt schon eingegangen sei, sagt sein Sprecher. Auch Regierungssprecher Ulrich Wilhelm weist nicht nur darauf hin, dass Jung ja keineswegs der Erste ist, der sich zum Thema äußert – von SPD-Fraktionschef Peter Struck bis Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) kommt seit Tagen der Ruf, dass Deutschland nicht abseits stehen dürfe, wenn es gelte, den Völkermord in Darfur zu stoppen. Wilhelm betont auch die humanitäre Herausforderung: „Das ist eine Weltgegend, in der unermessliches Leid geschieht.“

Aber der Regierungssprecher stellt zugleich etwas klar: Wenn die zwei Sudaneinsätze in einen überführt würden, werde der Beitrag der Bundeswehr der gleiche bleiben wie bisher – rund 200 Mann ohne Kampfauftrag. Auch da war Jung am Dienstag weitaus weniger deutlich: Über den Umfang einer neuen Truppe könne er noch nichts sagen.

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