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Kommentar: Staudamm-Unternehmen endet mit einem Debakel

Nach der Entscheidung der europäischen Kreditversicherer zum Rückzug aus dem umstrittenen Projekt zum Bau eines Staudamms im Südosten der Türkei gibt es keine Gewinner, nur Verlierer.

Die Gegner des so genannten Ilisu-Damms freuen sich zwar über einen "Erfolg" in ihrem Kampf gegen das Milliardenprojekt am Tigris. Doch der Rückzug der Europäer bedeutet nicht, dass der Damm nun verhindert worden ist. Er wird aller Voraussicht nach nun eben ohne europäische Hilfe gebaut – und ohne große Rücksicht auf die betroffenen Menschen.

Im Ansatz war das Herangehen der deutschen, österreichischen und schweizerischen Kreditversicherer gut. Da niemand der Türkei verbieten kann, auf ihrem Staatsgebiet so viele Staudämme zu bauen, wie sie für richtig hält, sollten die Türken in Ilisu dank eines langen Kriterienkataloges lernen, wie ein solches Großprojekt umwelt- und sozialverträglich gestaltet werden kann.

Doch dann kamen zwei Faktoren ins Spiel, die diesen schönen Plan ins Wanken brachten. Zunächst wuchs der Druck der Staudamm-Gegner, die vor einer Zerstörung der uralten Stadt Hasankeyf warnten und ein Ende des Projektes forderten. Und dann unternahm die Türkei so gut wie nichts, um die Warnungen der Kritiker zu entkräften. Statt die Kriterien zu erfüllen, ließ Ankara Dörfler enteignen. Dammgegner wurden als Separatisten beschimpft.

Erst vor etwa einem halben Jahr begann die türkische Seite mit ernsthaften Anstrengungen, doch da war es für die Europäer bereits zu spät. Sie hätten das Projekt nun zwar durch neue Auflagen an die türkische Seite etwa im Fall Hasankeyf retten können. Aber das hätte einen politischen Willen erfordert, der in den drei Hauptstädten nicht vorhanden ist.

So endet das ganze Unternehmen in einem Debakel. Die Europäer waschen ihre Hände in Unschuld. Und die Türkei wird das Projekt alleine oder vielleicht mit chinesischen oder russischen Partnern vorantreiben, denen soziale, kulturelle und umweltpolitische Standards reichlich schnuppe sind. Ein „Erfolg“ ist das nicht gerade.

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