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Kommission fordert politische Kehrtwende: Israel reagiert auf Sozialproteste

Der landesweite Protest gegen die hohen Lebenshaltungkosten und Wohnungsmieten in Israel zeigt erste Erfolge. Eine Expertenkommission schlägt der Regierung nun eine Kehrtwende in der Gesellschafts- und Sozialpolitik vor.

Der landesweite Protest gegen die hohen Lebenshaltungkosten und Wohnungsmieten in Israel zeigt erste Erfolge. Eine Expertenkommission schlägt der Regierung nun eine Kehrtwende in der Gesellschafts- und Sozialpolitik vor. Der Vorsitzende der von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eingesetzten Kommission überreichte am Montag die Empfehlungen, die einen Teil der Forderungen der gesellschaftlichen Protestbewegung „Israelischer Sommer“ aufnehmen. Darin wird die Regierung indirekt aufgefordert, den neoliberalen Ultra-Kapitalismus der grenzenlosen Privatisierung durch eine klassische sozialdemokratisch geprägte Gesellschaftspolitik zu ersetzen.

Die nach ihrem Vorsitzenden, Wirtschaftsprofessor Manuel Trajtenberg, benannte Kommission will schon im nächsten Jahr drei Milliarden Schekel (600 Millionen Euro) vom Sicherheitsetat der verwöhnten Armee abziehen und vorwiegend ins Erziehungswesen investieren. Und sie will die von Netanjahu gehätschelten Superreichen stärker steuerlich belasten und vornehmlich jüngere Eltern entlasten.

Trajtenberg und die anderen Professoren seiner Kommission schlagen dazu konkrete Reformen des Steuersystems vor: Anhebungen der Kapitalgewinnsteuer um fünf Prozent auf 25 Prozent und der Unternehmensteuer um ein Prozent bereits ab 2012; Einfrieren der von Netanjahu zugunsten der Reichen betriebenen Einkommensteuerreform; Anhebung des maximalen Einkommensteuersatzes um drei Prozent auf 48 Prozent; Einführung einer Sondersteuer für Reiche von zwei Prozent; Steuererleichterungen auch für Väter von Kleinkindern und sogenannte negative Einkommensteuern in Höhe von durchschnittlich bis zu 700 Schekel (140 Euro) für Eltern. Im Erziehungswesen wird die kostenlose Kita ab dem drittem Lebensjahr empfohlen. Gegen die Wohnungsnot empfiehlt die Kommission den Bau von erschwinglichen Mietwohnungen sowie Steuern auf leer stehende Wohnungen reicher Ausländer.

Zuvor hatte bereits eine andere Kommission empfohlen, die riesigen Konglomerate der zehn bis zwölf Familien zu zerschlagen, die einen Großteil der Wirtschaft Israels beherrschen. Trajtenberg fordert nun zusätzlich Regulierungen für wesentliche Sektoren der Wirtschaft. Die von Netanjahu betriebene Politik der Privatisierung staatlicher Unternehmen und nationaler Ressourcen, die zu Ausverkaufspreisen an einige, wenige Familien verkauft wurden, habe nicht zum versprochenen Wettbewerb geführt. Vielmehr bildeten sich monopolistische Blöcke, die zu maßlosen Preissteigerungen führten.

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