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Kompromiss: Regierungskrise in der Ukraine beendet

Nach harten Auseinandersetzungen haben sich die Konfliktparteien in der Ukraine auf einen Termin für Neuwahlen geeinigt. Zudem soll es eine Verfassungsreform geben.

Kiew/Moskau - In der Ukraine haben die politischen Kontrahenten mit einer Einigung auf Parlamentsneuwahlen am 30. September den zuletzt dramatisch zugespitzten Machtkonflikt gelöst. "Wir haben eine gute Botschaft zum Pfingstfest zu verkünden", sagte der prowestliche Präsident Viktor Juschtschenko nach einem Verhandlungsmarathon am frühen Sonntagmorgen in Kiew. Der von der Ostukraine unterstützte Regierungschef Viktor Janukowitsch sagte, man habe aus den jüngsten Ausschreitungen innerhalb der bewaffneten Staatsmacht gelernt. Das Innenministerium beorderte seine alarmierten Sondertruppen wieder zurück in die Kasernen.

Fast zwei Monate nach der Auflösung des Parlaments durch Präsident Juschtschenko bekräftigten die Konfliktparteien ihre Bereitschaft zu einer Verfassungsreform, um ein Machtvakuum in Zukunft zu verhindern. "Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir keinen Druck mehr auf die Justiz und die Sicherheitskräfte ausüben werden", sagte Regierungschef Janukowitsch bei der gemeinsamen Erklärung. Darüber hinaus einigten sich beide Seiten auf ein Maßnahmenpaket, um bereits bei der Parlamentswahl die massiven Manipulationsversuche der vergangenen Jahre auszuschließen.

Beim Gang vor die Presse zeigten sich die politischen Widersacher aus den Tagen der Orangenen Revolution von Ende 2004 optimistisch. "Die Ukraine geht gestärkt aus dieser Krise hervor", sagte Juschtschenko. Janukowitsch erklärte, beide seien nach jüngsten Eskalation zur Besinnung gekommen. "Wir werden alles tun, um so etwas nicht zu wiederholen. Nicht die Fehler und nicht die Emotionen, die es gab", erklärte der Regierungschef.

Gemeinsam zum Pokalfinale

Auch der sozialistische Parlamentsvorsitzende Alexander Moros hatte an der Kompromisslösung mitgewirkt. Die Fraktion der Oppositionspolitikerin Julia Timoschenko begrüßte die Einigung auf Neuwahlen am 30. September. Juschtschenko und Janukowitsch wollten gemeinsam im Kiewer Fußballstadion das ukrainische Pokalfinale zwischen dem Hauptstadtverein Dynamo Kiew und Schachtjor Donezk aus Janukowitschs Heimatstadt Donezk anschauen.

In den Tagen vor der Einigung auf vorgezogene Wahlen hatte sich der Dauerkonflikt dramatisch zugespitzt. Beim Streit um die Kontrolle über die Generalstaatsanwaltschaft kam es erstmals in der Geschichte der unabhängigen Ukraine zu gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den verschiedenen Sondertruppen der Staatsmacht. Bei den Prügeleien wurde aber offenbar niemand ernsthaft verletzt. Am Samstag hieß es noch, tausende bewaffnete Einsatzkräfte des Innenministeriums seien aus den Regionen nach Kiew beordert worden.

Appell der EU

Die EU begrüßte die Einigung auf Neuwahlen. Zugleich wurde in einer verbreiteten Erklärung der deutsche Ratspräsidentschaft an beide Seiten appelliert, diesen politischen Kompromiss nun Schritt für Schritt umzusetzen. Zuvor hatte bereits der Europarat Juschtschenko und Janukowitsch gelobt. Mit der Lösung des Konflikts hätten beide "ihre Verantwortung für die Zukunft des Landes demonstriert", sagte der Präsident der parlamentarischen Versammlung des Europarates, René van der Linden. Der Generalsekretär des Europarates, Terry Davis, sagte, die Ukrainer sollten stolz darauf sein, die Einigung alleine, ohne Schlichtung durch ausländische Regierungen oder internationale Organisationen erreicht zu haben.

Das von Juschtschenko am 2. April aufgelöste Parlament soll am 29. und 30. Mai noch einmal zu Sondersitzungen zusammenkommen, um die für Neuwahlen notwendigen Entscheidungen zu treffen. Die Parlamentsmehrheit um Janukowitsch hatte sich bis zuletzt der Auflösung der Werchowna Rada widersetzt. In den vergangenen Wochen war von Präsident und Regierungschef bereits mehrfach ein Ende der Konfrontation verkündet worden, ohne dass sich beide Seiten auf ein konkretes Datum für die Neuwahlen einigen konnten. (tso/dpa)

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