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Kompromiss: Was die Gesundheitsreform bringt

Das mehr als 500 Seiten starke Gesetzespaket zur Gesundheitsreform greift in nahezu alle Bereiche des Gesundheitswesens ein. Hier ein Überblick über die wichtigsten Neuregelungen.

Gesundheitsfonds:

Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden weiter von den einzelnen Krankenkassen eingezogen, fließen aber ab Januar 2009 zusammen mit Steuermitteln in einen Fonds. Die Kassen erhalten daraus für ihre Versicherten Pauschalen sowie alters- und risikobezogene Zuschläge. Der Beitragssatz wird bundeseinheitlich festgeschrieben.

Zusatzprämie: Kassen mit zusätzlichem Finanzbedarf dürfen ihren Versicherten einen Zusatzbeitrag abverlangen. Dieser darf höchstens ein Prozent des beitragspflichtigen Einkommens betragen, bis zu einem Beitrag von acht Euro monatlich entfällt die Einkommensprüfung. Sobald ein Zusatzbeitrag angekündigt wird, kann der Versicherte die Kasse wechseln. Gut wirtschaftende Kassen können im Gegenzug Vergünstigungen gewähren oder Beiträge erstatten.

Wahltarife: Gesetzlich Versicherte können künftig Geld sparen, wenn sie einen Hausarzt-, Selbstbeteiligungs- oder Kostenerstattungstarif wählen.

Leistungen: Empfohlene Schutzimpfungen und Mutter-Kind-Kuren werden Regelleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Alte und Pflegebedürftige erhalten einen Rechtsanspruch auf Rehabilitation. Schwerstkranke haben Anspruch auf Sterbebegleitung im häuslichen Umfeld. Leistungskürzungen sind möglich in Fällen "selbst verschuldeter Behandlungsbedürftigkeit", etwa bei den Folgen von Schönheitsoperationen oder Piercings.

Zuzahlungen: Chronisch Kranke sollen künftig zwei statt ein Prozent ihres Einkommens an Zuzahlungen leisten, wenn sie sich nicht "therapiegerecht" verhalten. Frauen ab dem 20. und Männer ab dem 45. Lebensjahr müssen sich regelmäßig der Krebsvorsorge unterziehen, sonst wird bei einer späteren Krebserkrankung eine erhöhte Zuzahlung fällig.

Finanzausgleich: Um Wettbewerbsnachteile von Kassen mit vielen Alten und Kranken abzufedern, wird der bisherige Risikostrukturausgleich ausgeweitet. Ab 2009 werden Kosten für mehr als 50 schwere Krankheiten ausgeglichen. Zusätzlich werden den Kassen Einkommensunterschiede der Versicherten zu 100 Prozent (bisher: 92 Prozent) ausgeglichen.

Länderklausel: Etwaige Mehrbelastungen für die Kassen «reicher» Bundesländer wie Bayern durch die Reform werden nicht auf einen Schlag, sondern in Schritten von je 100 Millionen Euro jährlich wirksam.

Arzneimittel: Der Nutzen von Medikamenten wird in Zukunft im Verhältnis zu den Kosten bewertet. Kassen erhalten mehr Möglichkeiten, mit den Herstellern günstigere Preise auszuhandeln.

Versicherungspflicht: Erstmals in Deutschland wird jeder Bürger verpflichtet, eine Krankenversicherung abzuschließen. Wer den Versicherungsschutz verloren hat, darf in seine letzte private oder gesetzliche Versicherung zurückkehren.

Steuerzuschuss: In 2007 und 2008 bezuschusst der Bund die gesetzlichen Kassen für "familienwirksame Leistungen" wie das Mutterschaftsgeld und die kostenlose Kindermitversicherung mit je 2,5 Milliarden Euro. In 2009 beträgt der Zuschuss 4,5 Milliarden und soll dann um 1,5 Milliarden im Jahr auf mehr als 14 Milliarden Euro wachsen. Steuererhöhungen schließt die Koalition dafür in dieser Legislaturperiode aus.

Kassenfusionen: Zusammenschlüsse der derzeit noch rund 250 gesetzlichen Kassen werden erleichtert. So dürfen künftig auch verschiedene Kassenarten wie Orts- und Betriebskrankenkassen fusionieren.

Spitzenverband: Statt der bislang sieben Spitzenverbände vertritt ein einheitlicher Spitzenverband Bund die Kassen in der gemeinsamen Selbstverwaltung mit den Ärzten.

Private Krankenversicherung (PKV): Um den Wettbewerb innerhalb der PKV zu stärken, können Kunden künftig beim Wechsel zu einem anderen Privatversicherer die aus ihren Beiträgen vorgenommenen Altersrückstellungen mitnehmen. Außerdem müssen die Privatversicherer ab 2009 einen Basistarif nach dem Vorbild des GKV-Leistungskatalogs einführen. Der Basistarif steht dauerhaft allen freiwillig gesetzlich Versicherten offen. Niemand darf wegen eines zu hohen Krankheitsrisikos abgelehnt werden. Bereits privat Versicherte können nur innerhalb von sechs Monaten in den Basistarif wechseln. Danach gibt es nur noch ein Wechselrecht lediglich für über 55-Jährige und Bedürftige.

Ärztehonorare:
Bei der Vergütung der niedergelassenen Ärzte wird ab 2009 das komplizierte Punktesystem abgeschafft und durch eine neue Gebührenordnung mit festen Euro-Preisen ersetzt. Die Ärztebudgets werden nicht länger gedeckelt.

Einsparungen: Bei den angepeilten Einsparungen von ursprünglich rund 1,8 Milliarden Euro im Jahr hat die Koalition Abstriche gemacht. So wurde der Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser auf 250 Millionen Euro halbiert. Die Kappung bei Krankentransporten und Rettungsfahrten um 100 Millionen entfällt vollständig. (mit ddp)

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