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Der ukrainische Präsident Poroschenko zeigt sich gern in Uniform bei seinen Truppen.

© Imago

Update

Konflikt in der Ukraine: Regierungstruppen sollen Streubomben eingesetzt haben

Menschenrechtler machen beiden Seiten im Konflikt in der Ostukraine schwere Vorwürfe. Es geht um außergerichtliche Hinrichtungen und um den Einsatz von Streubomben - und um falsche Anschuldigungen.

Am Montag hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sowohl den Separatisten in der Ostukraine als auch den proukrainischen Kräften vorgeworfen, illegale Hinrichtungen verübt zu haben. Nun legte die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ (HRW) einen Bericht vor, nach dem die ukrainische Armee im Konflikt in der Ostukraine international geächtete Streubomben abgefeuert haben soll. Streubomben seien bei Kämpfen zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten um Donezk an mehr als einem Dutzend Orten zum Einsatz gekommen, heißt es in dem Bericht. Streubomben zerteilen sich vor dem Aufprall in viele kleinere Sprengsätze. Sie verminen damit praktisch ganze Landstriche. Vor allem Kinder werden oft auch noch Jahre nach dem Abwurf zu Opfern, wenn die Munition explodiert.

Beweislage ist schwierig

Zwar ließe sich zwar bei vielen der Angriffe nicht eindeutig feststellen, wer die Streubomben abgefeuert habe, heißt es in dem Bericht weiter. Doch „die Beweise deuten bei mehreren Angriffen darauf hin, dass ukrainische Regierungstruppen verantwortlich waren“. Vor allem bei Angriffen auf das Stadtzentrum von Donezk Anfang Oktober gebe es besonders deutliche Hinweise für die Verantwortung der Regierungstruppen.

Massengrab gibt es nach Angaben von Amnesty nicht

Auch Amnesty International betonte in seinem am Montag veröffentlichten Bericht, keine Beweise für Massentötungen gefunden zu haben. Die Organisation forderte daher sowohl von den Separatisten als auch von der ukrainischen Regierung eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe. Die Separatisten hatten im September von einem angeblichen Massengrab in einem Gebiet in der Region Donezk berichtet, in dem ukrainische Truppen und Freiwillige bis vor kurzem die Kontrolle hatten. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach sogar von mehr als 400 Leichen, russische Medien berichteten ausführlich über das angebliche Kriegsverbrechen. Recherchen von Amnesty-Mitarbeitern ergaben nun, dass an dem angegebenen Ort neun Menschen begraben waren, von denen fünf im Kampf getötete Separatisten gewesen seien.

Regierungstreue Freiwillige als mögliche Täter

Die Beweise deuteten darauf hin, dass vier Personen „von durch Kiew kontrollierten Kräften illegal hingerichtet worden sind“, heißt es in dem Bericht. Eines der Opfer, ein 21-Jähriger aus dem nächsten Dorf, der auf der Seite der Separatisten kämpfte, sei mit hinter dem Rücken gefesselten Händen und Schussverletzungen gefunden worden, berichtete Amnesty unter Berufung auf Augenzeugen und Fotos. Die Gegend soll zum Zeitpunkt der Tat unter Kontrolle eines ukrainischen Freiwilligenbataillons gewesen sein.

Separatisten erschossen offenbar Gefangene in ihrer Zelle

Die Menschenrechtler untersuchten auch mehrere Fälle von illegalen Hinrichtungen durch Separatisten. In der Region Luhansk töteten Separatisten im Juli den Recherchen von Amnesty zufolge zwei Gefangene. Ein anderer ehemaliger Gefangener der Separatisten berichtete, dass die Kämpfer in den frühen Morgenstunden von Zelle zu Zelle gingen. In der Nachbarzelle hörte er Schüsse. „Es war wie Roulette – einige wurden erschossen, einige freigelassen, einige weggebracht.“ Die Vereinten Nationen hatten den von Russland unterstützten Separatisten vorgeworfen, in der Ostukraine eine "Herrschaft des Schreckens und der Angst" errichtet zu haben.

Nur wenige Fälle untersucht

Amnesty International betont in dem Bericht, dass nur wenige Fälle untersucht werden konnten – und dass Beweismaterial sehr schwer zu finden sei. Beide Seiten hätten in dem Konflikt der anderen Seite illegale Hinrichtungen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen, über die Anschuldigungen sei jeweils in den ukrainischen beziehungsweise den russischen Medien ausführlich berichtet worden. Viele dieser Berichte hätten jedoch wenig oder gar keine Substanz, betont Amnesty.  

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