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Kongo: "Die Blauhelme sind gescheitert"

Es ist ein Skandal, der die Vereinten Nationen (UN) bis ins Mark erschüttert: Blauhelmsoldaten der Weltorganisation konnten in der Demokratischen Republik Kongo eine Serie von bestialischen Vergewaltigungen nicht verhindern.

Der beigeordnete UN-Generalsekretär in der Abteilung für die Friedensmissionen, Atul Khare, räumte das „Versagen“ seiner Truppe ohne beschönigende Worte ein: Die hilflosen Aktionen der Blauhelme hätten die Gewaltausbrüche gegen die Bevölkerung begünstigt. Das sagte Khare im UN-Sicherheitsrat. Die Blauhelme hätten auf die Rebellenangriffe „nicht angemessen“ reagiert und seien „gescheitert“,

Der jüngste Vergewaltigungsskandal reiht sich in eine Serie von Sex-Übergriffen, in denen Blauhelme in den vergangenen Jahre eine traurige Rolle spielen: UN-Soldaten machten sich vor allem in Konflikten in Afrika selbst der Vergewaltigungen schuldig. Im neuen Fall tragen die Blauhelme offensichtlich nicht direkt die Verantwortung: Rebellen verschiedener Organisationen hatten laut UN Ende Juli bis Anfang August im Osten des zerrissenen Staates, in der Provinz Nord-Kivu, 242 Frauen und Kinder vergewaltigt. Außerdem ist von etwa 260 weiteren Fällen von Vergewaltigung in anderen Regionen die Rede. Medien gehen daher von rund 500 Opfern aus, die jüngsten von ihnen seien erst sieben Jahre alt gewesen, hieß es. Khare warnte vor einer zunehmenden „Kultur sexueller Gewalt“ in der Region.

Die Blauhelmsoldaten der Friedenstruppe Monusco kamen zu spät an den Tatorten an oder bekamen von den Verbrechen nichts mit. Der UN-Funktionär Khare gelobte jetzt: „Wir müssen uns bessern.“ So sollen die Kontingente der Vereinten Nationen öfter am Abend und in der Nacht patrouillieren, die Soldaten sollen Verdächtige gezielter untersuchen. Zudem sollen die Einheiten mit besseren Kommunikationsinstrumenten wie Mobiltelefonen ausgerüstet werden.

Doch das Hauptproblem der Monusco bleibt bestehen: Die schlecht motivierte und schlecht ausgerüstete Truppe mit knapp 20 000 Soldaten, Militärbeobachtern und Polizisten ist zu klein. Um dem Kongo, einem Land mit der siebenfachen Größe Deutschlands und ohne nennenswerte Infrastruktur, Frieden zu bringen, müssten die Vereinten Nationen die Monusco massiv aufstocken. Vor allem im Osten des Kongos bekriegen sich in vielen lokalen und unübersichtlichen Konflikten verschiedene Rebellen und reguläre Truppen.

Das Versagen der Blauhelme soll innerhalb der UN ein Nachspiel haben: Die USA wollen die Massenvergewaltigungen vor den UN-Menschenrechtsrat bringen. „Wir sind alle angeekelt von den Vergewaltigungen“, sagte Eileen Chamberlain Donahoe, die amerikanische Botschafterin im Menschenrechtsrat, in Genf.

Die USA könnten in dem höchsten UN-Gremium zum Schutz der Menschenrechte die Einsetzung einer Untersuchungskommission beantragen, betonten Diplomaten. Das genaue Vorgehen Washingtons in dem 47 Länder umfassenden Gremium stehe aber noch nicht fest. Auch die UN-Sonderbeauftragte gegen sexuelle Gewalt, Margot Wallström, mahnte Konsequenzen an: In Zukunft dürften sich Gewaltorgien wie im Ostkongo nicht wiederholen.

Jan Dirk Herbermann

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